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Vorstoss des Gewerbeverbands Müssen wir bald flexibler arbeiten?

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Gewerbeverband will das Arbeitsgesetz lockern.
  • Die maximale Wochenarbeitszeit soll neu bis zu 50 Stunden betragen, die vorgeschriebenen Ruhetage flexibler eingesetzt werden können.
  • Die durchschnittliche Arbeitszeit soll aber nicht steigen – die geleistete Mehrarbeit soll zu einem späteren Zeitpunkt kompensiert werden.
  • Damit soll der digitalisierten Dienstleistungsarbeitswelt besser Rechnung getragen werden, so der SGV.
  • Die Gewerkschaften winken ab: Es gehe den Gewerblern weniger um mehr Flexibilität als darum, ihre Kosten zu minimieren, welche sie für Zulagen bezahlen müssen.

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) verlangt, die Regulierungen bei den Arbeits- und Ruhezeiten zu lockern. Das heutige Arbeitsgesetz sei nicht mehr zeitgemäss, hiess es an einer Medienkonferenz des Gewerbeverbands.

Das geltende Recht «atme den Geist der 1950er und 1960er Jahre». Zu starre Arbeitszeiten würden sich an einem überholten Fabrikbild orientieren, so der SGV.

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SGV will mehr Flexibilität

Beispiele gefällig? Die Treuhänderin hat kurz vor der Abgabefrist der Steuererklärung viel Arbeit. Danach herrscht Flaute. Die Bauarbeiter müssen immer öfter nachts arbeiten, damit der Verkehr nicht behindert wird. Der Webdesigner arbeitet gerne abends zu Hause, damit er seine Kinder tagsüber betreuen kann. Damit beschreibt SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler die aktuelle Situation.

Nach Ansicht des SGV ist das Arbeitsrecht veraltet: «Es braucht mehr Flexibilität für die Betriebe, auch die Mitarbeitenden wollen aufgrund ihres Umfeldes mehr Flexibilität», sagt Bigler. Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt habe vor allem auch mit der Digitalisierung zu tun.

Es geht keinesfalls darum, Angestellte mehr arbeiten zu lassen. Es geht nur darum, die Arbeitszeit anders festzulegen.
Autor: Sylvia Flückiger-Bäni SVP-Nationalrätin ist Vorstandsmitglied des Gewerbeverbandes

Die Unternehmen sollen nach Willen des SGV ihre Mitarbeitenden nach saisonalen Schwankungen und kurzfristigeren Kundenwünschen besser einsetzen können. Das würde die Firmen entlasten. Die durchschnittliche Jahresarbeitszeit soll gegenüber heute aber unverändert bleiben.

Die wichtigsten Forderungen des SGV:

Die Wochen-Höchstarbeitszeit soll von 45 auf 50 Stunden erhöht werden.
Die Ruhezeiten sollen flexibilisiert werden, auch mehr als 6 Tage arbeiten an einem Stück soll möglich werden.
Die Vorgaben für die Pausen während eines Arbeitstages sollen gelockert werden.
Der Pikettdienst soll flexibilisiert werden. Was das konkret bedeutet, soll in den betroffenen Branchen vereinbart werden.
Die Unterscheidung in «industrielle» und «nichtindustrielle» Betriebe soll aufgehoben werden.

Insgesamt wird die Arbeitszeit nicht erhöht

Dabei gehe es keinesfalls darum, Angestellte mehr arbeiten zu lassen, sagt Sylvia Flückiger-Bäni. Die SVP-Nationalrätin ist Vorstandsmitglied des Gewerbeverbandes und betont: «Es geht nur darum, die Arbeitszeit anders festzulegen.»

Eine für die Änderungen notwendige Totalrevision des Arbeitsrechts soll nach Willen des Gewerbeverbands nun rasch vom Bundesrat angestossen werden. Sonst werde man die Forderungen via Vorstösse im Parlament einbringen, hiess es vor den Medien in Bern.

Soll bloss die Arbeit billiger werden?

Scharfe Kritik an dem Vorstoss der Gewerbler kommt von den Gewerkschaften. Es sei ein Märchen, dass das Arbeitsrecht veraltet sei, sagt Luca Cirigliano, Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Das hiesige Arbeitsgesetz sei eines der modernsten der Welt und erlaube bereits heute alle Formen der flexiblen Arbeit.

Das geht gegen die Gesundheit der Arbeitnehmenden und würde Gratisarbeit bedeuten.
Autor: Luca Cirigliano Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes

«Was der Gewerbeverband will – aber nicht offiziell sagt – ist, die Arbeit billiger zu machen, weil er die Zuschläge nicht mehr bezahlen will», so Cirigliano. Dazu gehörten auch die Zuschläge für Nachtarbeit. «Das geht gegen die Gesundheit der Arbeitnehmenden und würde Gratisarbeit bedeuten.»

In Zeiten, da immer mehr Angestellte unter Erschöpfung litten, sei es nicht angesagt, weitere Flexibilisierungen zu verlangen. Das nütze weder der Treuhänderin, noch dem Bauarbeiter oder dem Webdesigner, betont der Gewerkschafter.

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