Darum geht es
Der angeschlagene japanische Industriekonzern Toshiba schickt seine kriselnde US-Tochter Westinghouse in die Insolvenz und will damit seine eigene Zukunft sichern. |
Die Japaner hatten den AKW-Bauer Westinghouse 2006 für mehr als fünf Milliarden Dollar gekauft, um ins US-Atomgeschäft einzusteigen, das man damals für stabil hielt. |
Doch statt Gewinne hagelte es massive Verluste wegen Verzögerungen und Kostenüberschreitungen beim Bau von Atomkraftwerken in den USA. |
Wer für den Weiterbau dieser AKW nun aufkommen wird, ist gänzlich offen. Ein Teil der Kosten ist bereits auf US-Steuerzahler abgewälzt worden. |

Atomkritiker: Es gibt heute keinen Markt für AKWs mehr
Die Insolvenz des AKW-Bauers Westinghouse sei eine Zäsur, sagt der atomkritische Publizist Mycle Schneider. «Man darf nicht vergessen, dass das Unternehmen der grösste historische Bauer von Atomkraftwerken ist.» Dass AKW-Bauer bankrottgehen, ist laut Schneider neu. Bisher seien eher Stromunternehmen wegen Finanzierungsproblemen pleite gegangen.
Westinghouse leidet unter einem milliardenhohen Schuldenberg. Das Unternehmen habe sich verspekuliert, stellt Schneider fest.
Nach marktwirtschaftlichen Gesetzen kann man heute keine Atomkraftwerke mehr bauen. Das ist völlig unmöglich.
Westinghouse sei davon ausgegangen, weltweit Dutzende neue Atomkraftwerke zu billigen Preisen bauen zu können, obwohl sein Paradeprodukt, der AP1000-Reaktor, noch gar nicht fertig entwickelt war. In der Folge liefen Bauzeiten und Kosten aus dem Ruder. Ähnlich ergehe es auch dem französischen Konkurrenten Areva, der in Finnland seit zwölf Jahren an einem neuen AKW baut.
«Nach marktwirtschaftlichen Gesetzen kann man heute keine Atomkraftwerke mehr bauen. Das ist völlig unmöglich», bilanziert Schneider und stellt fest: Wenn Atomenergie weiter genutzt werden solle, brauche es auch finanzielle Unterstützung vom Staat.

Atombefürworter: In Asien wird die Atomkraft massiv ausgebaut
Das Problem der Verzögerungen bei AKW-Bauten kennt auch Michael Schorer. Er ist Sprecher des atomfreundlichen Schweizer Nuklearforums. Speziell in Europa gebe es sehr starke und bei den vier jüngsten US-Projekten gewisse Bauverzögerungen, nicht aber in Russland und Asien. «Dort kann man ein Kernkraftwerk in der Regel in fünf bis sechs Jahren bauen.» Gerade in Asien werde die Atomkraft weiterhin massiv ausgebaut.
Wenn Kernenergie und ihre Vorteile genutzt werden sollen, braucht es zumindest die politische Unterstützung des Staates.
Derzeit befinden sich laut Schorer weltweit 59 Kernkraftwerke im Bau, davon allein 20 in China, 7 in Russland und 5 in Indien. Weitere werden in den Arabischen Emiraten, den USA und in Südkorea gebaut. Letztes Jahr sind weltweit zehn neue AKWs ans Netz gegangen, neun davon in Asien.
In Europa, Japan und den USA seien die Vorbehalte gegen die Atomkraft grösser. Schorer fordert daher: «Wenn Kernenergie und ihre Vorteile genutzt werden sollen, braucht es zumindest die politische Unterstützung des Staates.»
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