Früher schützte sie, heute erfüllt sie noch einiges mehr: Die Verpackung soll den Kunden ans Regal locken, neugierig auf ihr Inneres machen und idealerweise zum Produktkauf verführen. So ist die Verpackung häufig fast wichtiger als ihr eigentlicher Inhalt.
Das schlägt sich auch bei Youtube nieder. Dort gibt es Influencer, Tech- oder Spielzeug-Enthusiasten, die dem Auspacken – dem Unboxing – ganze Filmchen widmen. Und sie erreichen damit Millionen von Zuschauern.
Dass die Verpackung an Bedeutung gewonnen hat, schreibt Verpackungsdesignerin Catherine Martin unter anderem dem Überangebot in den Läden zu: «Wir haben von allem etwas zu viel. Da ist es wichtig, sich durch die Verpackung zu differenzieren.» Denn eine schöne Verpackung werde im Ladenregal nicht nur besser platziert und daher schneller gesehen. Bei zwei fast gleichwertigen Produkten lande jenes mit der schöneren Optik im Warenkorb – trotz schlechterer Technologie.
Marketing mit Verpackungen
Den Wert der Produkthülle kennen die Unternehmen. So nutzen sie die Verpackung, um ihre Marke zu stützen und weiterzuführen. «Apple zelebriert das sehr stark. Ihre Verpackungen sind weiss, reduziert und edel. Das macht das Produkt begehrlich», sagt Martin.
Doch es gibt Grenzen. «Eine Verpackung darf nie mehr versprechen als ihr eigentlicher Inhalt. Sie soll das Produkt vorzelebrieren, Schicht für Schicht», sagt Martin.
Komplexe Verpackungen landen oft im Müll
Das Auspacken wird zum Erlebnis. Die Folge: Verpackungen werden immer aufwändiger und aus verschiedenen Materialien zusammengesetzt.
Verpackungen sind das Symbol unserer Wegwerfgesellschaft
Dies ist problematisch, sagt Philipp Rohrer, Kampagnenleiter Einwegplastik Greenpeace. «Verpackungen sind das Symbol unserer Wegwerfgesellschaft. Komplexe Verpackungen werden immer schwieriger zum Entsorgen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als sie wegzuschmeissen.» So würden sie dazu beitragen, dass die hiesigen Abfallberge steigen.
In den letzten 50 Jahren haben sich die Siedlungsabfälle mehr als verdreifacht. Von 1970 bis 2018 sind sie von knapp 2 Millionen Tonnen auf über 6 Millionen Tonnen gestiegen. Dies zeigen Zahlen des Bundesamts für Umwelt.
Die Verpackungshersteller sind gefordert. Unter anderem das Bieler Unternehmen «Glanzmann Verpackungen», die solche Produkthüllen herstellt.
Geschäftsführer Kalani Glanzmann hat kein schlechtes Gewissen wegen der zunehmenden Abfallmenge, im Gegenteil. Er versuche, nachhaltige Ausgangsmaterialien wie Karton auf Grasbasis einzusetzen. «Wir sehen es als eine unserer Hauptaufgaben, Lösungen zu entwickeln, alle Verpackungsmaterialien recyclingfähig zu machen», sagt Glanzmann.
Philipp Rohrer von Greenpeace genügt dies nicht: «Verbrennen und Recycling sind beides Scheinlösungen, es ist kein Weg aus unserer Wegwerfgesellschaft.»
Dies bestätigt auch Verpackungsdesignerin Catherine Martin. «Eine Verpackung soll nicht einfach im Müll landen. Mein Anspruch ist es, eine solide, gute Hülle herzustellen, die man nochmals verwenden kann.» Damit weniger Verpackungen als alte Schachteln im Kehricht landen und vielleicht sogar länger leben als ihr eigentlicher Inhalt.