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Wochengast Jürg Stahl «Wieder einmal zu sehen, was alles funktioniert, tat gut»

Das Jahr als Nationalratspräsident ist für den Winterthurer SVP-Politiker Jürg Stahl fast vorbei. Er habe dabei die Schweiz von ihrer besten Seite zu sehen bekommen, verhehlt aber nicht, dass es auch Ermüdungserscheinungen gab.

SRF: Sie haben während Ihrem Jahr als «höchster Schweizer» über 1500 Einladungen erhalten, hatten Sie nie Ermüdungserscheinungen?

Jürg Stahl: Doch, die gab es. Man ist sich auch unsicher, ob man bei den vielen Einladungen die richtige Selektion macht und muss auch viele Leute enttäuschen. Zwischendurch gibt es dann auch Phasen, wo man merkt, dass man sich im Graubereich seiner Limiten bewegt. Vor den Sommerferien war ich dann wirklich froh zu wissen, dass nun einige Tage ganz ohne Termine anstehen um auszuspannen und meine Familie zu geniessen.

Welche Momente werden Ihnen bleiben?

Ich hatte das Privileg, ganz viele Orte und in Bereiche der Gesellschaft zu sehen, die mir sonst wohl verborgen geblieben wären. Dabei hat mich die grosse Vielseitigkeit beeindruckt, die unser Land zu bieten hat. Und es tat mir gut, auch wieder einmal dort hinzuschauen, wo etwas funktioniert - und nicht wie sonst als Politiker üblich nur das zu sehen, was nicht funktioniert.

Als Nationalratspräsident sind Sie sozusagen der Dompteur der 200-köpfigen «grossen Kammer», welche Debatte kostete Sie am meisten Nerven?

Es sind lustigerweise nicht diejenigen, mit denen man eigentlich rechnen würde, wie zum Beispiel die Debatte um die Altersvorsorge, wo jede einzelne Stimme zählte. Solche Debatten sind zwar die Intensivsten, man bereitet sich aber entsprechend gut darauf vor. Am meisten Nerven hat es mich immer dann gekostet, wenn es um Tiere ging, sei es bei der Diskussion um Höckerschwäne. Da kann es plötzlich sehr emotional werden, was man nicht unbedingt erwarten würde, dass es da so ein Hick-Hack gibt. Dann braucht es schon auch mal Nerven, aber so lange diese so sind wie mein Nachname, kann man das schon bewältigen.

Praktisch gleichzeitig mit Ihrer Wahl zum Nationalratspräsidenten wurden Sie Präsident von Swiss Olympic. Der Bundesrat hat diese Woche die Bewerbung von Sion für die Winterspiele 2026 offiziell unterstützt und eine Milliarde Franken dafür zugesichert. Nun werden schon Stimmen laut die sagen, die Promotoren dieser Kandidatur hätten die Kosten viel zu tief geschätzt, vor allem die Sicherheitskosten. Wurde genügend budgetiert?

Das Image der Schweiz als sicheres Land müssen wir auf jeden Fall verteidigen und gewährleisten. Klar ist auch, dass der Sicherheitsaufwand in den letzten zehn oder zwanzig Jahren stark zugenommen hat. Aus meiner Sicht ist das Sicherheitsbudget für Sion 2026 realistisch. Wie gross der tatsächliche Aufwand für die Sicherheit dann aber in 99 Monaten sein wird, wenn die Spiele eröffnet würden, das können wir nicht genau sagen, das wäre reine Spekulation. Ich glaube aber, es handelt sich um ein vernünftiges Budget.

Das Interview führte Dorotea Simeon

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