Michael Hengartner, Rektor der Universität Zürich, begrüsst am Montag so viele neue Studentinnen und Studenten wie noch nie. Auch die ETH, die ZHAW und die Pädagogische Hochschule Zürich verzeichnen neue Rekordzahlen. Das stellt die Hochschulen vor neue Herausforderungen, besonders, wenn einzelne Studienrichtungen überproportional auf Anklang stossen. Als «Regionaljournal Wochengast» sagt Michael Hengartner, wie die Hochschulen diese Herausforderung meistern können, weshalb er trotzdem gegen eine Erhöhung der Studiengebühren ist und welche Aufgaben er ab Februar als neuer Ratspräsident der ETH Zürich anpacken möchte.
SRF News: Der erste Tag als Student oder Studentin ist ein besonderer Tag, der mit hohen Erwartungen verbunden ist aber auch mit Unsicherheiten. Wie begegnen Sie an der Universität Zürich diesen Erwartungen der Studenten?
Michael Hengartner: Wir veranstalten immer häufiger Willkommensveranstaltungen, an denen ältere Studentinnen und Studenten die Neuen begrüssen und ihnen während einem halben oder ganzen Tag den ganzen Betrieb etwas näherbringen, ihnen zeigen, wie hier alles funktioniert. Das kommt sehr gut an. Die Neuen merken so, dass der Universitätsalltag gar nicht so anonym ist, wie sie es vielleicht befürchtet haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Form der Einführung bei uns Schule macht und bald in allen Departementen angeboten wird.
Je nach Hochschule steigt die Studentenzahl mit Beginn des neuen Semesters um bis zu 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, an der Universität Zürich sind es immerhin 1,5 Prozent. Gibt es deshalb Probleme?
Wenn sich die Zahlen gleichmässig verteilen würden, dann können wir das gut bewältigen. Trotzdem kommen wir auch dann häufig an unsere Grenzen, da der Hörsaal irgendwann einfach voll belegt ist. Wirklich herausgefordert sind wir aber in jenen Fächern, wo das Wachstum überdurchschnittlich ist. Da stellt sich dann die Frage, wie wir das meistern können, ohne dass die Qualität der Lehre darunter leidet.
Was machen Sie dann in einer solchen Situation?
Uns kann die Technologie helfen. So nehmen wir zum Beispiel immer häufiger Vorlesung auf und stellen diese kurz später den Studentinnen und Studenten als Podcast zur Verfügung. Das ist sehr beliebt. Ich selber halte eine Vorlesung am Montagmorgen um acht Uhr, das ist nicht so eine beliebte Uhrzeit, und da sind einige froh, wenn sie etwas länger zu Hause bleiben und sich die Vorlesung später anhören können. Aber wir arbeiten auch mit Live-Übertragungen von Vorlesungen oder schauen, ob wir eine Veranstaltung parallel führen können oder an eine Randzeit verlegen können. Es ist alles in allem sehr komplex. Wichtig ist einfach, dass die Qualität spitze bleibt.
Mehr Studentinnen und Studenten bedeutet auch, dass Sie mehr Dozentinnen und Dozenten brauchen und mehr Leute, die Arbeiten betreuen. Finden Sie genügend gute Leute dafür?
Die Zürcher Hochschulen haben einen exzellenten Ruf. Das führt dazu, dass wir immer viel mehr Interessentinnen und Interessenten haben als Professorenstellen, die wir neu besetzen wollen. Das ist ein gutes Zeichen. Die grösste Herausforderung besteht darin, dass ein solches Berufungsverfahren bis zu einem Jahr dauert, bis die gewünschte Person ihre Stelle antreten kann. Es kommt also immer wieder zu kleinen Lücken, die wir dann zum Beispiel mit studentischen Hilfskräften überbrücken müssen. Langfristig gilt es aber natürlich, die Professorenstellen in denjenigen Fächern mit einer besonders hohen Nachfrage aufzustocken.
Das Gespräch führte Dorotea Simeon. Sie finden das Interview in voller Länge als Audiofile in diesem Artikel.