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Wochengast Tino Krattiger: «Schutz ist wichtig, aber nicht alles im Leben»

Das Musikfestival «Im Fluss» findet trotz Corona statt. Warum, das erzählt der Organisator im Wochengastgespräch.

Nach langer, Corona-bedingter Pause melden sich erste grössere Kulturveranstaltungen wieder zurück. So auch Tino Krattiger mit seinem Musikfestival «Im Fluss». Ab September werden täglich Bands ein Konzert auf dem Floss geben, die das Publikum vom Rheinbord aus gratis anhören kann. Eine Absage des traditionellen Festivals kam für Tino Krattiger nicht in Frage. Doch auch er muss Zugeständnisse machen.

SRF Regionaljournal Basel: Tino Krattiger, viele Veranstalter sagen ihre Anlässe in diesem Corona-Jahr lieber ab. Sie nicht. Warum?

Tino Krattiger: Kulturell lief wirklich gar nichts in Basel während der letzten Monate. Ich glaube, es wird den Menschen schlicht guttun. Vielen geht es auch finanziell schlechter. Hier kann und soll das Floss mit seinen Gratis-Konzerten helfen.

Haben Sie keine Angst vor den steigenden Corona-Zahlen?

Sicherlich macht mir diese Dynamik Sorgen. Aber Angst empfinde ich keine mehr. Ich glaube, ich habe gelernt, mit der Corona-Situation zu leben. Angst machen mir jedoch die Begleiterscheinungen von Corona: Dass gewisse Alte die Jungen beschuldigen, sich nicht richtig zu verhalten. Ich beobachte eine Spaltung der Gesellschaft und die Auflösung des Generationenvertrags. Da merkt man, wie brüchig die Demokratie ist.

Auch wenn das Musikfestival «Im Fluss» stattfindet, gleich wie sonst wird es ja nicht sein.

Das stimmt. Normalerweise hören sich schätzungsweise 3000 Menschen ein Konzert an. Dieses Jahr dürfen sich in unserem Perimeter nicht mehr als 1000 Leute aufhalten, die anderen müssen wir wegweisen. Zudem müssen alle Gäste eine Maske tragen.

Es ist wichtig, dass wir in einer Gesellschaft leben, die es wert ist, gelebt zu werden.

Aber Masken sind ja auch kein perfekter Schutz, zudem stehen die Menschen nahe beieinander. Ist das nicht ein Risiko?

Das kann ich nicht beurteilen, ich bin ja kein Virologe. Ausserdem sitzen die Menschen unabhängig vom Floss auch sonst nahe beieinander am Rhein. Schutz ist ganz wichtig, aber Schutz ist nicht alles. Es geht auch darum, dass wir in einer Gesellschaft leben, die es wert ist, gelebt zu werden.

Sollen Menschen aus der Risikogruppe auch kommen?

Nein, das würde ich nicht empfehlen. So gesehen ist die diesjährige Ausgabe etwas ausgrenzend. Wer trotzdem unbedingt dabei sein will, ohne sich unter das Publikum zu mischen, der hat die Möglichkeit einen Weidling zu mieten und von da aus, das Konzert zu hören. Da ist man dann zu acht im Boot.

Dieses Jahr treten viele Basler und Schweizer Bands auf. Sind Sie froh um diese lokale Nabelschau?

Es ist schlicht pragmatisch einerseits und solidarisch andererseits. Ich würde keine Band aus England verpflichten wollen, bei der nicht sicher ist, ob sie dann auch wirklich einreisen kann. Zudem bin ich froh, dass wir auf diese Weise Musikerinnen und Musiker aus der Schweiz unterstützen können, die eine sehr schwere Zeit durchleben

Das Gespräch führte Dieter Kohler.

Regionaljournal Basel, 17.30 Uhr ; 

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