«Dieser Fall ist eine ganz neue Dimension», sagt Thomas Roffler, der Präsident des Bündner Bauernverbandes auf Anfrage von «Schweiz aktuell». Gemeint ist damit die jüngste Konfrontation zwischen Wolf und Mensch, genauer gesagt zwischen Wolf und Schaf.
Bauernverband und Regierung reagieren
In der Bündner Gemeinde Trun ist ein Wolf über eine halb geöffnete Stalltüre gesprungen und hat ein Schaf gerissen, wie die Zeitung Südostschweiz berichtet. Passiert ist dieser Fall bereits vor zehn Tagen. Jetzt hat dieser Fall Folgen.
Der Bündner Bauernverband hat in diesen Tagen einen Brief an die Bündner Regierung verschickt. Darin verlangt der Verband, dass sich die Regierung beim Bundesamt für Umwelt für neue gesetzliche Grundlagen zum Abschuss des Wolfes einsetzen soll. «Die Gesetze, die heute einen Wolfsabschuss erlauben, stimmen nicht mehr mit der Realität überein», sagt Cavigelli in der Südostschweiz. So gebe es zum Beispiel keine Vorschrift dafür, wenn ein Wolf in ein Gebäude eindringt.
Wolfexperte hält dagegen
Neue rechtliche Grundlagen findet hingegen David Gerke nicht für nötig. Gerke ist im Sommer selber Schafhirt im Kanton Graubünden, er ist aber auch Jäger und stammt ursprünglich aus dem Kanton Solothurn. Man müsse den Fall in der Gemeinde Trun genauer anschauen.
«Der betroffene Stall befindet sich in einem sehr abgelegenen Gebiet, das nächste Siedlungsgebiet ist weit weg», so Gerke gegenüber «Schweiz aktuell». Für den Wolf war dieser halboffene Stall ausserdem etwas Ähnliches wie eine künstliche Höhle, vermutet der Wolfexperte. Und gerade dass der Stall halb offen war, zeuge nicht von einem guten Herdenschutz. Dass der Wolf hier ein Schaf reisst, verwundert Gerke nicht.
«Herdenschutz heisst: Es gibt eine elektrische Umzäunung», hält Gerke fest. Wichtig sei auch herauszufinden, ob dieser Wolf zum ersten oder zum wiederholten Mal ein Schaf gerissen hat, und zu welchem Rudel er gehört. Aus Gerkes Sicht braucht es zuerst weitere Abklärungen, bevor man eine Bewilligung zum Abschuss für Wölfe erteilt, die sich in die Ställe wagen.