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Yvonne Beutler tritt ab «Mich erwartet ein fröhlicher Abschied»

Vor ziemlich genau sieben Jahren hat Yvonne Beutler ihr Büro im Winterthurer Stadthaus bezogen – heute schliesst sie zum letzten Mal die Türe hinter sich. Sie wechselt als Senior Consultant zu einem Beratungsunternehmen. Wir haben Yvonne Beutler an ihrem letzten Arbeitstag besucht und auf ihre politische Laufbahn zurückgeschaut.

Zwei Frauen mit einem Blumenstrauss in der Hand lächeln in die Kamera.
Legende: Yvonne Beutler (links) mit Barbara Günthard Maier nach ihrer Wahl in die Stadtregierung 2012. Keystone

SRF News: Nach sieben Jahren als Stadträtin kamen Sie heute zum letzten Mal in dieses Büro. Was ist das für ein Gefühl?

Yvonne Beutler: Ich bin mit einem sehr leichten Gefühl gekommen. Ich hatte sieben guten Jahre und freue mich auf die neue Herausforderung. Die letzten Tage waren relativ turbulent, deshalb ist der Gedanke, dass es heute endet, gar noch nicht wirklich bei mir angekommen. Aber meinen Rücktritt bereue ich nicht.

Ihre Hauptaufgabe als Finanzvorsteherin war es, zu sparen. Sie haben zwei grosse Sparprogramme aufgestellt. Hatten Sie nicht irgendwann genug vom ewigen Sparen?

Diese Frage hat sich nicht gestellt. Es war schlicht und einfach notwendig. Natürlich war es eine anstrengende Zeit, und es gab Tage, wo meine Energie fast am Ende war. Am frustrierendsten war aber, dass ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, wir kommen nicht aus dieser Negativspirale heraus – obwohl wir so viel versuchen.

Eine Frau mit blonden Haaren steht vor einer rostigen Wand.
Legende: Der Abschied kam auch für sie selber überraschend. Neu berät Yvonne Beutler öffentliche Verwaltungen im Dienst einer Berner Beratungsfirma. zvg

In diesem Zusammenhang bezeichnete ein Kantonsrat aus Winterthur die Stadt als «Griechenland der Schweiz». Eine Bezeichnung, die sich hartnäckig gehalten hat.

Das war die schädlichste Aussage, die je ein Politiker über Winterthur gemacht hat. So äussert man sich nicht über seine Heimatstadt. Dies habe ich ihm auch persönlich mitgeteilt.

Yvonne Beutler, hat dieses Sparen auch auf Ihr Privatleben abgefärbt? Sind Sie auch zuhause sparsamer geworden?

Mein Mann würde sich das wohl wünschen (lacht). Nein, wir haben unseren Lebensstandard in den vergangenen sieben Jahren weder nach oben noch nach unten verändert.

Ihren Rücktritt haben Sie vor rund einem halben Jahr angekündigt, was viele überraschte. Schliesslich waren Sie kurz zuvor mit dem besten Resultat in die Stadtregierung gewählt worden. Aber Sie sind Michael Künzle unterlegen bei der Wahl der Stadtpräsidentin. Welche Rolle spielte diese Niederlage in Ihrer Entscheidung?

Dass ich nicht Stadtpräsidentin wurde, hat nichts mit meinem Rücktritt zu tun. Ich habe eine Nacht darüber geschlafen, dann war es abgeschlossen. Im Herbst 2018 kam in mir der Entschluss auf, dass dies meine letzte Legislatur ist. Danach war ich wohl etwas offener für andere Angebot. Dass bereits so bald eine spannende Offerte kam, damit hatte ich nicht gerechnet. Mir war bewusst, dass es nicht der ideale Zeitpunkt ist für einen Rücktritt.

Eine Frau steht neben einem Mann in einem Verwaltungsgebäude. Er spricht und gestikuliert mit den Händen, sie schaut zu.
Legende: Im April 2018 unterlag Yvonne Beutler dem bisherigen Stadtpräsidenten Michael Künzle (CVP) im Kampf ums Stadtpräsidium. Keystone

Sie sagten damals auch, Sie wollten aussteigen aus dem immer konfrontativer werdenden Politikbetrieb. Ist Ihr Rücktritt auch eine Kritik an der aktuellen Umgangsform?

Ich blicke zurück auf 21 Jahre in der Politik. Und ich bedaure die Entwicklung. Als ich angefangen habe im Parlament, war es das Ziel, über die Parteigrenzen hinweg Kompromisse zu finden. Es gab weniger Taktieren, dafür mehr Respekt zwischen Parlament und Regierung. Wenn ich heute schaue, wie sich einige Parlamentarier in den sozialen Medien äussern, sehe ich vieles, was ich für unangebracht halte.

Heute Abend endet also das Kapitel Politik in Ihrem Leben. Wie verbringen Sie den letzten Abend als Stadträtin?

Wir haben heute unser Departementstreffen. Meinen letzten Abend darf ich also mit denjenigen Leuten verbringen, mit denen ich sehr eng zusammengearbeitet habe. Wir haben uns vorgenommen, dass wir bis 23.59 Uhr zusammenbleiben. Kaspar Bopp ist auch eingeladen und Punkt Mitternacht übergebe ich ihm symbolisch das Departement. Ich denke, mich erwartet ein fröhlicher und stimmiger Abschiedsabend.

Das Gespräch führte Nicole Marti.

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