Auch nach 200 Jahren will Engelberg als Exklave von Obwalden nicht als Anhängsel gelten. Im Gegenteil: Engelberg versteht sich als Spezialfall im Gefüge der beiden Kantone Obwalden und Nidwalden. Von Engelberg aus kommt man nicht auf direktem Weg in den Kanton Obwalden. Deshalb ist heute noch die Nähe zu Nidwalden gross.
Dies sagt auch Clara Mathis Barmettler. Die 71-jährige ist in Engelberg aufgewachsen. Sie sagt im Gespräch mit Radio SRF, dass sie sich bereits als Teenagerin immer Richtung Nidwalden und Luzern orientiert habe. Heute lebt Clara Mathis in Stans. Aber dennoch sei sie mit Engelberg verbunden geblieben: «Engelberger sind ein besonderer Schlag Leute, nicht nur wegen ihres ganz eigenen Dialektes», sagt sie.
Auch der Engelberger Noldi Häcki arbeitet und lebt immer noch im Bergdorf und spricht dessen Dialekt. Sein Versuch in Steinhausen im Kanton Zug zu leben, sei am Heimweh gescheitert, sagt er. Nicole Eller, die Leiterin des Talmuseums Engelberg, sagt, dass man diese Verbundenheit auch bei jungen Leuten im Dorf noch spüre.
Die Ausstellung «Dreiecksgeschichte Engelberg, Nidwalden, Obwalden» in vier Ob- und Nidwaldner Museen thematisiert die Beziehung Engelbergs und der Halbkantone.
Die Geschichte rund um Engelberg
Das Verhältnis zwischen den Nachbarkantonen Nidwalden und Obwalden ist kompliziert, auch wenn sie heute in der Schweiz als «ganze» Kantone gelten. Kompliziert vielleicht auch, weil die Beziehungen der Unterwaldner jahrhundertelang angespannt waren.
Die Jahre von 1798 bis 1815, als sich Engelberg vom Kanton Nidwalden löste und Obwalden anschloss, führten zu Fragen nach Identität und Zugehörigkeit. Diktiert von Napoleon Bonaparte, brachte 1798 eine kleine helvetische Revolution in der ganzen Schweiz das Ancien Régime zum Sturz. Der Klosterstaat Engelberg wurde aufgelöst. Die Franzosen wollten die Geistlichen zur Aufgabe des Klosters drängen.
In der gleichen Zeit stürzten sich die Nidwaldner in einen aussichtslosen Kampf gegen übermächtige französische Truppen. 400 Nidwaldnerinnen und Nidwaldner starben. Für Nidwalden ein lange andauerndes Trauma, wie heute Historiker schreiben.
1803 war es erneut Napoleon, welcher der Schweiz den Mediationsvertrag aufzwang. Dabei gab er den Schweizer Ständen die Souveränität zurück, die sie 1798 mit dem Zerfall der Alten Eidgenossenschaft verloren hatten.
Bis 1803 konnte Obwalden im eidgenössischen Bund stets mehr Rechte wahrnehmen als Nidwalden, was jahrhundertelang zu teilweise erbitterten Streitigkeiten führte. Nun stellte Napoleon die beiden Erzfeinde rechtlich gleich und schlug Engelberg als gleichberechtigte Gemeinde zu Nidwalden.