Bei der Luzerner Polizei ist zu locker mit Gewaltexzessen einzelner Korpsangehöriger umgegangen worden. Zu diesem Schluss kommt ein externer Gutachter. Er verlangt, dass künftig bei grundloser Gewalt gegen Wehrlose Null-Toleranz gelten solle.
Justizdirektorin Yvonne Schärli hatte Anfang Juli den Berner alt Oberrichter Jürg Sollberger damit beauftragt, Vorfälle bei der Luzerner Polizei zu untersuchen. Dabei ging es um drei Fälle von Gewalt von Polizisten und umstrittene Beförderungen.
Sollberger legte am Dienstag einen Zwischenbericht mit sechs Empfehlungen vor. Von 22 ihm bekannt gewordenen Vorfällen konnte er 13 abschliessend klären. Von den 22 Fällen seien etwa ein Drittel gravierend und ein Drittel Bagatellen, sagte Sollberger.
Unangemessen reagiert
Insgesamt stellte der Berner den Luzerner Polizistinnen und Polizisten ein gutes Zeugnis aus. Er kam aber im Rahmen seiner administrativen Untersuchung auch zum Schluss, dass tendenziell die Gewaltausübung von Polizisten als Problem verkannt wurde.
Sollberger betonte, dass es hier nicht um die Häufigkeit von Gewaltvorfällen gehe, sondern um den Umgang mit diesen. In einigen Fällen sei mit unangemessener Milde reagiert worden.
In dem Fall, in dem ein Kaderpolizist an Heiligabend 2010 privat gewalttätig geworden war, sei etwa die Dimension des Fehlverhaltens nicht erkannt worden, sagte Sollberger. Er widersprach aber Medienberichten, dass dieser Polizist danach befördert worden sei.
Gewalt nur innerhalb klarer Schranken
Ein Polizist dürfe in gewissen Situationen Gewalt anwenden, sagte Sollberger. Er müsse sich aber auch in belastenden Situationen unter Kontrolle halten können. Unfähigkeit zur Selbstkontrolle sei Gift für den Polizisten und eine Gefahr für seine Kollegen. Zudem könnten schon nur Einzelfälle den Ruf der Polizei schädigen.
Sollbergers wichtigste Empfehlung ist deshalb, dass bei grundloser Gewalt von Polizisten gegen Wehrlose konsequent durchgegriffen wird. Weiter empfiehlt der Gutachter, Regeln zu schaffen, wie bei Verdacht auf Dienstpflichtverletzungen vorgegangen werden solle. Und es soll vorsorgliche Massnahmen geben, wenn gegen ein Korpsmitglied eine Straf- oder Administrativuntersuchung eingeleitet wird.
Sollberger rät zudem, dass auf Beförderung von Polizistinnen und Polizisten, gegen die eine Untersuchung läuft, verzichtet wird. Ob eine Administrativuntersuchung eingeleitet wird, solle nicht vom Ausgang eines Strafverfahrens abhängig gemacht werden, sondern von der Tragweite des Vorfalles.
Ausserkantonales Korps beiziehen
Wenn die Luzerner Polizei gegen eigene Korpsmitglieder aktiv werden muss, soll so schnell wie möglich eine andere kantonale Polizei beigezogen werden. Dieser Zugang zu einem anderen Korps müsse sichergestellt werden, sagte Sollberger.
Der Luzerner Regierungsrat nahm am Dienstagmorgen von den Empfehlungen Sollbergers Kenntnis und unterstützt diese. Umgesetzt werden sollen sie vom Polizeikommandanten Beat Hensler. Er war durch die Vorfälle in die Kritik geratenen.
Der Hausherr müsse Ordnung schaffen, sagte Sollberger. Die Justizdirektorin pflichtete dem bei. Dies sei nicht als Chance zu verstehen, sondern als Auftrag, sagte Schärli. Sie erwarte, dass dieser schnell, zuverlässig und klar umgesetzt werde.
Sollberger wird nun die noch nicht abgeschlossenen Fälle fertig bearbeiten. Sollte sich aus dem Schlussbericht weiterer Handlungsbedarf ergeben, würden die nötigen Massnahmen getroffen, sagte Schärli.