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Zeugen der Schwägalp-Lawine «Wir wussten nicht, ob jetzt der Tod kommt»

Ein Thurgauer Paar war beim Schneeschuhlaufen, als die Lawine wenige Meter vor ihnen niederbretterte.

Urs Rickenbach und Christa Karner hatten sich eigentlich auf ein paar gemütliche Tage in den Bergen eingestellt, mit Schneeschuhlaufen und Fondue. Womit sie aber nicht gerechnet hatten, war die Schneelawine auf der Schwägalp, die sie am Donnerstagnachmittag beim Schneeschuhlaufen auf dem Laternliweg überraschte. Von «1000 Schutzengeln beschützt» und mit viel Glück, wie Karner sagt, überlebten sie die Lawine.

«25 Meter weiter vorne und wir stünden jetzt nicht mehr hier», sagt Urs Rickenbach, wenn er an die kritische Situation auf der Schwägalp zurückdenkt. «Wir haben zuerst das Grollen gehört», erzählt er. «Und dann sahen wir aufs Mal aus einer Schneestaubwolke eine Rauchwolke auf uns zukommen. Das Ding war eine 200 bis 300 Meter breite Wand.»

Das Paar dachte aber zuerst, «das graue Monster» würde weit vor ihnen stehen bleiben. «Nach zwei bis drei Sekunden merkte ich aber, Scheisse, die Lawine kommt auf uns zu», so Rickenbach. In diesem Augenblick sind sie auf dem Laternliweg ein paar Meter zurückgegangen, in den Waldweg hinein, der leicht am Hang gebaut ist. «Ich glaube, das hat uns wohl ein bisschen geschützt.»

Darauf holen beide kurz tief Luft, verschränken die Arme über sich und kauern sich zusammen. «Und dann ist es etwa 15 Sekunden über uns gekommen», sagt er. Damit meint er den Druck und den starken Wind, den beide gespürt haben. In diesen 15 Sekunden «wussten wir nicht, ob jetzt der Tod kommt oder nicht.»

«Dieser Wind war so stark, dass Äste um uns gewirbelt wurden.» Etwa eine Minute später hebt Rickenback sachte die Hand hoch, um zu sehen, ob noch Schnee kommt. «Und dann merkst du, dass es nicht mehr stärker wird und langsam abflacht.»

Das Paar machte sich dann gleich auf dem Weg zurück ins Hotel. Was sie dort antrafen, schockierte sie. Sie sehen auf den Kopf gestellte Autos, verdeckt vom Schnee. Mit blossen Händen buddeln sie los und leuchten mit der Handy-Taschenlampe in die Autos. Klopfen auf die Scheiben und warten auf eine Reaktion.

Wenn Rickenbach heute seine aufgenommenen Videos analysiert, zieht er den Schluss: «Die Lawine ist zielgerichtet auf das Hotel los.» Wäre seiner Meinung nach noch das alte Hotel dort gestanden, dann hätte es bestimmt einen grösseren Personenschaden gegeben. «Die Zerstörungskraft dieser Schneestaub-Lawine war gewaltig», sagt er und schüttelt den Kopf. «Das kann man sich gar nicht vorstellen», sagt er und schluckt leer.

Trotz des traumatischen Erlebnisses ist beiden klar, dass sie die Schwägalp auch in Zukunft besuchen werden. Im Sommer und im Winter. Karner: «Wir werden wieder Schneeschuhlaufen gehen auf dem Laternliweg und diesmal auch noch zu unserem Fondue kommen.»

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