«Es Buurebüebli man i nit, das gseht me mir wohl a, juhee...». Aus voller Kehle singt Jürg Keller das alte Volkslied vor etwa dreissig Primarschullehrerinnen und -lehrern aus Höri. «Das ist ein Dreier-Rhythmus», erklärt Keller – und zu diesem Rhythmus soll nun die Basisschrift geschrieben werden.
Das Besondere an der neuen Schrift: Die Schülerinnen und Schüler entwickeln schon früh eine persönliche Handschrift. «Einige machen zwischen zwei Buchstaben noch ein Bögli, andere nicht», erklärt Keller den Lehrern. Beides ist richtig.
Richtig oder falsch gibt es nicht mehr
Für die Lehrkräfte eine neue Situation: «Man muss grundsätzlich umdenken und von diesem ‹richtig oder falsch› wegkommen», meint eine Lehrerin.
Etwa vier Monate bleibt den Lehrerinnen und Lehrern Zeit. Nach den Sommerferien müssen sie ihren Schülern die neue Schrift beibringen – mit oder ohne Bögli.
Individualität macht es schwieriger
Nach dem ersten Quartal stellt sich heraus: Die Hauptschwierigkeit besteht für die Lehrer darin, die neue Schrift zu beurteilen. «Die Kinder können eigene Formen einbringen», sagt Jürg Keller im Interview mit dem «Regionaljournal».
«Der alte Massstab gilt nicht mehr, die Lehrer müssen andere Kriterien anwenden, wie Leserlichkeit oder Flüssigkeit.» Keller würde es deshalb begrüssen, wenn der Schrift in der Ausbildung wieder mehr Beachtung geschenkt würde. «Dieses Kulturgut müsste man so schätzen, dass es weitgehend erhalten werden kann.» Die Zeichen der Zeit stehen allerdings anders: Wurde Schrift-Didaktik früher während drei Semestern unterrichtet, ist sie heute zum Teil fast komplett aus der Ausbildung verschwunden.
(kueh;kerf, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 12:03 Uhr)