Der Menschenfeind ist Alceste: Er legt sich mit allen an, zum Beispiel, wenn er mit Philinte spricht, seinem besten Freund - und ihm gleich klar macht, dass er keine Freunde hat. Der Menschenfeind ist aber auch die Geschichte einer unmöglichen Liebe: Alceste gegenüber steht Célimène, die junge Frau, die sich nicht binden will, Sie sonnt sich in ihrer Unabhängigkeit und einer Horde von Verehrern, von denen einer lächerlicher ist als der andere.
Barbara Frey zeigt in ihrer Molière-Inszenierung einen scharfen Gegensatz; Alceste, der Menschenfeind, der die Humorlosigkeit in Person ist. Um ihn herum die Welt als einzige Lachnummer, lauter Schwankfiguren in dieser etwas abgebrauchten Brasserie, in der alles spielt. Barbara Frey arbeitet es klar heraus, mit Schwung, Humor, allen Mitteln der Komödie bis zum Running-Gag à l'anglaise. Die Welt ist eine Farce - Alceste strandet darin, er scheitert an seiner eigenen Masslosigkeit, einer Masslosigkeit der Wahrhaftigkeit, und er ist durchaus auch ein wenig eitel dabei.
Die Kunst hat das letzte Wort
Für den Schauspieler Michael Maertens, der so etwas wie das Quengel-Abo auf den deutschen Bühnen hat, ist das ein gefundenes Fressen. Er zeigt einen Alceste von rasender Humorlosigkeit. Sein Plädoyer für Wahrhaftigkeit ist auch ein ästhetisches: Nur in der Kunst, so kann man Barbara Freys Inszenierung verstehen, lässt sich kompromisslos sagen, was Sache ist. Allein was soll's? Am Ende lässt Barbara Frey der Kunst noch mal das letzte Wort und der Komödientrubel endet in Melancholie, mit einsamen Klavierakkorden, die wehmütig verklingen.