Seit 2009 ist der Schweizer Strommarkt teilliberalisiert, das heisst, Grosskunden mit einem Jahresverbrauch von über 100 MWh dürfen ihren Stromanbieter selbst wählen. Lange blieb das EWZ von dieser Änderung unbehelligt. Der Strompreis war stabil. Die Kunden hatten keinen Grund, den Anbieter zu wechseln.
Bisheriges Vorgehen «nicht praktikabel»
Dies änderte sich vor allem wegen der geänderten Energiepolitik in Deutschland: In letzter Zeit wird der Markt von billigem Wind- und Solarstrom überschwemmt. Das EWZ ist jedoch nicht in der Lage, auf diese Entwicklung angemessen zu reagieren. Heute muss jede Offerte vom Gesamtstadtrat geprüft und genehmigt werden.
Im hektischen Strommarkt, mit oft nur stundenweise geltenden Offerten - ein Unding sondergleichen - monierte der zuständige Stadtrat Andres Türler: «In der geänderten Marktsituation ist es nicht praktikabel, dass sich der Gesamtstadtrat über diese Geschäfte auslässt und sich eine Meinung bildet.» Die Kompetenz dazu müsse sich zwingend zum EWZ verschieben.
Mit Ausnahme der Schweizer Demokraten (SD) und der Alternativen Liste (AL) waren mit diesem Grundsatz alle Parteien einverstanden. Niklaus Scherr von der AL warnte vor den Risiken des liberalisierten Strommarkts und zog Parallelen zu Finanzinstituten. Er sehe nicht ein, weshalb eine städtische Abteilung derart grosse Kompetenzen erhalten sollte.
Stadtrat Andres Türler versicherte, dass es nur darum gehe, dem EWZ zu gleich langen Spiessen wie der Konkurrenz zu verhelfen. «Das EWZ wird den Strom nicht verscherbeln». Die Mehrheit des Parlaments folgte den Argumenten Türlers. Ein Rückweisungsantrag der AL hatte im Parlament keine Chance.
Ethische und ökologische Leitplanken
Mehr Glück hatte die SP: Sie setzte sich dafür ein, dass der freiheitlichere Weg des EWZ zusätzliche ethische und ökologische Leitplanken erhält. Sie fand für zwei von vier ihrer Vorschläge Mehrheiten: So darf das EWZ bei Stromgeschäften nicht spekulieren und muss bis in 20 Jahren den Kundinnen und Kunden in der Stadt Zürich zu 100 Prozent ökologischen Strom liefern. Heute liegt dieser Anteil - je nach Strenge der angelegten Kriterien - zwischen 56 und 80 Prozent.