Ein Videostill aus den Aufzeichnungen eines «Schaffhauser AZ»-Journalisten beweist: Es waren 23 Kantonsrätinnen und Kantonsräte, die sich von ihren Sitzen erhoben, um für Eintreten zur Debatte über das Verordnungsveto zu stimmen. Die beiden Stimmenzähler hatten nur 22 Personen gezählt. Auf der Gegenseite waren es ebenfalls 22 Stimmen, also ein Patt. Mit Stichentscheid stellte sich der Ratspräsident dann gegen die Vorlage. Damit fand keine Eintretensdebatte statt, und das Geschäft galt als erledigt.
Es ist nicht das erste Mal, dass im Schaffhauser Kantonsrat falsch ausgezählt wurde. Ob deswegen auch schon Geschäfte unrechtmässig zu Fall kamen, konnte bislang noch nie bewiesen werden. Doch selbst der jüngste Lapsus hat keine Konsequenzen: Gemäss Geschäftsordnung des Parlaments gilt ein Geschäft als erledigt, wenn der Rat Nichteintreten beschliesst – dies selbst dann, wenn ein Fehler nachgewiesen werden kann. Das Verordnungsveto, mit dem das Parlament Beschlüsse der Regierung verhindern sollte, ist also vom Tisch.
Ich habe mich geärgert, aber es ist, wie es ist.
Anfechten könnte man den Fehler nur auf juristischem Weg. «Man müsste gegen den Kantonsratsbeschluss vor Obergericht Beschwerde führen», sagt Staatsschreiber Stefan Bilger auf Anfrage des «Regionaljournals». FDP-Kantonsrat Christian Heydecker, der an vorderster Front für das Verordnungsveto gekämpft hatte, will den Rechtsweg aber nicht beschreiten. Als Sportler habe er gelernt, mit falschen Schiedsrichterentscheiden zu leben. «Ich habe mich geärgert, aber es ist, wie es ist.»
Elektronisches Zählen als Lösung
Damit Zählfehler nicht mehr vorkommen, will das Schaffhauser Kantonsparlament nächstens über eine Volksmotion beraten, die eine elektronische Abstimmungsanlage verlangt, so wie sie in grösseren Parlamenten üblich ist. Die Anlage soll 15'000 Franken kosten. Die Chance ist gross, dass der Rat dem Vorstoss zustimmt – wenn sich die Stimmenzähler nicht wieder vertun.