Weil er eine Meldung auf dem Kurznachrichtendienst Twitter weiterverbreitet hat, ist ein Journalist wegen mutmasslicher Verleumdung beziehungsweise übler Nachrede vor dem Bezirksgericht Zürich gelandet. Dieses hat ihn nun freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft warf dem «WoZ»-Journalisten vor, am 13. Juli 2012 eine Meldung auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit einem sogenannten Retweet weiterverbreitet zu haben.
Staatsanwaltschaft: Rufschädigung in Kauf genommen
Im Tweet, den ein anonymer Twitterer verfasst hatte, war der Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei als «Hermann 'Dölf' Lei» bezeichnet worden. Mit dem Zusatz «Dölf» wird laut Staatsanwaltschaft suggeriert, Lei sympathisiere mit Adolf Hitler und dessen nationalsozialistischem Gedankengut.
Der Beschuldigte habe um die Unrichtigkeit dieser Unterstellung gewusst, habe aber mit der Weiterleitung des Tweets zumindest billigend in Kauf genommen, den Ruf Leis zu schädigen. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine bedingte Geldstrafe von 4500 Franken sowie eine Busse von 1000 Franken, Lei verlangte eine Genugtuung von 1500 Franken.
Gericht: Retweet ist medientypische Verbreitungskette
Das Bezirksgericht Zürich sprach den Beschuldigten frei. Zudem erhält er eine Prozessentschädigung von 5400 Franken. Nach Ansicht des Gerichts ist die Weiterverbreitung eines Retweets «eine medientypische Verbreitungskette».
Es verglich das Vorgehen mit dem Aufkleben eines Plakates. Dabei sei auch nur der Autor der Botschaft strafbar, nicht aber die Person, die das Plakat aufhängt. Wer den ursprünglichen Tweet verfasst hat, ist unklar.
Journalist muss via Twitter Stellung beziehen
Strafrechtlich hat der «Woz»-Journalist deshalb nichts zu befürchten. Zivilrechtlich sieht es etwas anders aus. Hier haftet der Verbreitung laut Gericht durchaus etwas Persönlichkeitsverletzendes an.
Das Gericht verlangt deshalb vom Journalisten, einen Tweet zu verfassen, in dem er klar stellt, dass die Weiterverbreitung des «Dölf»-Tweets nicht strafbar gewesen sei, wohl aber persönlichkeitsverletzend.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hermann Lei hat gegenüber «Radio SRF» allerdings bestätigt, er werde das Urteil nicht weiterziehen. Er sei zufrieden damit, dass das Gericht eine Persönlichkeitsverletzung festgestellt habe.