Gut 5000 Lehrerinnen und Lehrer haben diesen Sommer eine neue Stelle an einer Schule oder einem Kindergarten im Kanton Zürich angetreten. 72 von ihnen haben in der Zwischenzeit wieder gekündigt - oder das Arbeitsverhältnis wurde von der Schule aufgelöst. Dies erklärte Martin Wendelspiess, Chef des kantonalen Volksschulamts, auf Anfrage des «Regionaljournals»: «Im Vergleich zu den Neuanstellungen sind das eigentlich nicht viele Kündigungen. Trotzdem sind es mehr als wir erwartet hätten.»
Zwei Drittel der Arbeitsverhältnisse wurden auf Initiative der Lehrpersonen aufgelöst. Gründe für die Kündigung während der Probezeit müssen sie keine nennen. Martin Wendelspiess vermutet aber: «Es dürfte wie bei jedem anderen Arbeitsverhältnis um menschliche Gründe gehen: Die Lehrperson fühlt sich am neuen Arbeitsort nicht wohl, oder die Arbeitgeberin hat sich etwas anderes vorgestellt.»
Lehrer sollten durchbeissen
Dass es in einem Grossteil der Fälle die Lehrerinnen und Lehrer waren, die gekündigt haben, gibt Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands, zu denken: «Wir sind der Meinung, dass man etwas durchziehen soll. Ein Lehrer sollte fähig sein, eine Situation auszuhalten, auch wenn er nicht glücklich ist - den Schülerinnen und Schülern zuliebe.» Ihr Verband sei deshalb dieser Probezeit gegenüber kritisch eingestellt.
Etwas weniger kritsch äussert sich Verla Lang, Präsidentin des Schulkreises Glattal, dem grössten Zürcher Schulkreis. Einfach so werde kein Arbeitsverhältnis aufgelöst, so Lang: «Es finden Gespräche statt und es wird Unterstützung angeboten», hilft dies nichts, sei es aber auch in Ordnung, wenn man von einer Kündigung Gebrauch macht.
Dauer: Fünf Monate
Die Probezeit für Lehrpersonen gibt es im Kanton Zürich erst seit August 2015. Sie dauert fünf Monate ab Stellenantritt. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis innert einer Frist von sieben Tagen aufgelöst werden. Martin Wendelspiess vom Volksschulamt ist überzeugt, dass das neue System Sinn macht: «Es gibt zwar den Schulleitungen etwas mehr zu tun. Aber es ist ja im Interesse aller Beteiligten, dass niemand an einer neuen Arbeitsstelle unglücklich oder unmotiviert ist.»
Um eine abschliessende Bilanz zu ziehen, müsse man dem neuen System aber noch zwei bis drei Jahre Zeit geben, so Wendelspiess.