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Ein Flugzeug fliegt über ein Wohngebiet in Kloten.
Legende: Da klirren die Fensterscheiben: Der Landeanflug in Zürich führt auch über Wohngebiete Keystone

Zürich Schaffhausen Neuer Rekord an Fluglärm-Geplagten

Über 61'000 Menschen sind rund um den Flughafen Zürich vom Fluglärm betroffen. Das ist der höchste Wert des Zürcher Fluglärm-Index seit seiner Einführung 2007. Der Richtwert von 47'000 Personen wird um fast einen Drittel überschritten. Vor allem in der Nacht ist die Lärmbelastung gestiegen.

Auch der neuen Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh blieb es nicht erspart: Wie schon ihr Vorgänger Ernst Stocker musste sie eine Zunahme der vom Fluglärm stark betroffenen Personen verkünden. Seit der Einführung des Fluglärm-Index 2007 handelt es sich sogar um den höchsten Wert.

Tagsüber fühlen sich zwar nur 2 Prozent mehr Menschen vom Fluglärm gestört. Stark zugenommen hat jedoch die Zahl derjenigen, die der Fluglärm nachts stört, diese hat um 16 Prozent zugenommen. «Jede Medaille hat zwei Seiten», erklärte Carmen Walker Späh. So sei der Flughafen zwar ein äusserst erfolgreiches Unternehmen, auf der anderen Seite sei der Lärmschutz der Bevölkerung ernst zu nehmen.

Mehr Nachtflüge stören die Nachtruhe

Ein Grund für das Wachstum beim ZFI ist einerseits das Bevölkerungswachstum. die Bevölkerung wächst vor allem in den mit öffentlichem Verkehr bestens erschlossenen Gebieten südlich und westlich des Flughafens.

Andererseits darf der Flughafen zwischen 22:30 und 23:30 Uhr ohne Bewilligung Flugzeuge starten lassen um Verspätungen abzubauen. Im letzten Jahr wurde dieses Zeitfenster rund 2300 Mal in Anspruch genommen. 232 Flugzeuge starteten noch später. Dies diene niemandem, sagt Walker Späh, weder dem Flughafen noch der Bevölkerung. «Auch die Regierung ist nicht zufrieden.»

Wir legen Wert auf die siebenstündige Nachtruhe. Daran müssen wir alle arbeiten.
Autor: Carmen Walker Späh Zürcher Volkswirtschaftsdirektion

Die Entwicklung des ZFI

Der Regierungsrat hat bereits vom Flughafen Massnahmen gefordert, um die Verspätungen abzubauen. Auch die Flugrouten in der Nacht werden thematisiert. Generell liesse sich der Anstieg der vom Lärm betroffenen Bevölkerung nur senken, wenn die An- und Abflüge vermehrt über weniger dicht besiedeltes Gebiet geführtwerden könnten.

Ein «Kapazitätsmanager» sucht die Wurzeln des Übels

Der Flughafen sieht das Problem, eine einfache Lösung gebe es aber nicht. Der Flughafen habe die Kapazitäten für die Geschäfts- und Privatfliegerei eingeschränkt um zu Spitzenzeiten mehr Spielraum zu haben, sagt Flughafensprecherin Sonja Zöchling gegenüber dem «Regionaljournal». Ausserdem hofft man, dass die geplanten schnellen Rollwege für Entspannung sorgen. Diese werden jedoch erst in einigen Jahren Realität. Ein «Kapazitätsmanager» soll zudem mit allen Beteiligten den Ursachen für die vielen Verspätungen auf die Spur kommen und diese ausmerzen.

Eine Verbesserung der Lärmsituation erhofft sich der Kanton Zürich von der Einführung neuer Triebwerktechnologien und dem Kauf neuer Langstrecken-flugzeuge durch die Swiss.

Der 2007 eingeführte ZFI sieht vor, dass höchstens 47'000 Personen durch Fluglärm stark gestört werden dürfen. Bis jetzt wurde dieser Richtwert jedoch nur 2009 eingehalten.

Die Kritik der Fluglärm-Organisationen

Verschiedene Fluglärm-Organisationen bewerten die Überschreitung des gesetzlichen Referenzwertes als inakzeptabel. Sie fordern die Einhaltung der Nachtruhesperre, respektive, dass die Flugbewegungen in den Nachtrandstunden und Nachtstunden wieder reduziert werden.

Wider das Diktat des Bundes

«Man darf nicht mit der Brechstange einfahren», meint Carmen Walker Späh zum generellen Umgang in der Flughafenpolitik. Die Bevölkerung müsse mitreden können.

Dass der Bund das Heft vermehrt in die Hand nehmen möchte, sieht Walker Späh kritisch: «Die Gefahr ist, dass eine Flughafenpolitik entsteht, die von der Bevölkerung nicht mehr getragen wird – das schadet dem Flughafen und liegt nicht im nationalen Interesse.»

Sie möchte den Bund daran erinnern, dass er die Instrumente habe, um den Dialog mit der Bevölkerung zu führen.

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