Der Stadtzürcher Finanzvorsteher Daniel Leupi ist überrascht. «Es ist aussergewöhnlich und kommt selten vor, dass wir Baurechtverträge nicht realisieren können», sagte er auf Anfrage des Regionaljournals. Dass ein Baurechtsnehmer aus dem Vertrag austrete, sei zwar sein gutes Recht. Ein solches Vorgehen sei für beide Seiten letztlich aber unerfreulich, meint Leupi.
Sowohl die Abgabe des Grundstücks mit Villa im Baurecht als auch das geplante Villenprojekt waren jahrelang höchst umstritten. Gegen den Entscheid des Gemeinderats vom Februar 2008 wurde gar das Referendum ergriffen. Die Gegner wollten erreichen, dass die Stadt auf der Parzelle mitten in Zürichs Altstadt Familienwohnungen erstellt. Die «Prunkvilla» wurde damals von den Gegnern als «störender Fremdkörper in der Altstadt» bezeichnet.
Die Stadtzürcher Stimmberechtigten sagten im September 2008 dennoch Ja zum privaten Bauprojekt, dies allerdings knapp. Bis zur gültigen Baubewilligung dauerte es dann noch Jahre. Zuerst wurde das Baugesuch sistiert, um eine Unterschutzstellung des Gartens zu prüfen. Dann gab es Rekurse gegen die 2012 erteilte Baubewilligung; das Bundesgericht wies diese Rekurse zwei Jahre später ab. Im Herbst 2014 wurde der Baurechtsvertrag ins Grundbuch eingetragen.
Aufschub verlangt – und dann ausgestiegen
Spätestens ein Jahr danach hätte der private Baurechtsnehmer mit dem Neubau beginnen sollen. Er bat die Stadt um Aufschub und erhielt diesen bis Ende Juli 2016. Zum Neubau kommt es nun aber doch nicht: Der Baurechtsnehmer, der seit 1981 in der Stadt Zürich wohnt, wird seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegen, wie das Finanzdepartement mitteilt. Er tritt deshalb vom Vertrag zurück.
Damit fällt das Grundstück wieder an die Stadt zurück. Die 4,5 Millionen Franken, die sie dem Baurechtsnehmer 2008 dafür bezahlt hat, erstattet sie ihm zurück. Dagegen entschädigt der Baurechtsnehmer die Stadt mit 250'000 Franken und übernimmt die Handänderungskosten. Die bereits geleisteten Baurechtszinsen von gut 400'000 Franken kann die Stadt behalten.
Villa erhalten, Park öffentlich machen?
Die im Jahr 1932 erstellte Villa Winkelwiese, in der zeitweise der ehemalige Zürcher Stadtpräsident Emil Landolt gewohnt hat, ist nicht im Inventar der schützenswerten Bauten aufgeführt. Hingegen sind das Gartenhaus und grosse Teile des Gartens geschützt. Die befristeten Mietverhältnisse mit den Bewohnern der Villa und des Gartenhauses werden vorläufig weitergeführt.
Zur Frage, was die Stadt nun mit dem wieder erhaltenen Grundstück machen soll, entspannt sich von Neuem derselbe Streit wie vor acht Jahren. Die Grünen fordern abermals, die Stadt solle prüfen, ob die Villa erhalten und der Garten öffentlich zugänglich gemacht werden könnte.
Die FDP dagegen pocht auf einen neuerlichen Verkauf. Severin Pflüger, Präsident der Stadtpartei, sagt gegenüber dem «Regionaljournal»: «Ich würde es wieder genau gleich machen. Das Projekt hätte funktioniert, wenn es nicht von linksgrüner Seite ständig mit Rekursen und Einsprachen torpediert worden wäre.» Er ist überzeugt, das Areal eigne sich nicht für gemeinnützigen Wohnungsbau: «Es kommt nur eine private Nutzung in Frage, schon allein aufgrund der Grösse.»
Einen Verkauf an die meistbietende Einzelperson, wie es Pflüger fordert und 2008 geschehen ist, schliesst Daniel Leupi aber aus: «Ich schliesse es aus, dass wir das Areal erneut an eine einzelne Person vergeben.» Alle anderen Möglichkeiten wollte Leupi nicht ausschliessen. Die Stadt werde nun in Ruhe analysieren und über das weitere Vorgehen beraten.