Das Musikkollegium Winterhur hat schon mehrmals längere Stummfilme live begleitet. Diesmal spielt das Orchester zu einem von den Winterthurer Kurzfilmtagen kuratierten Stummfilmreigen mit dem Titel «fascination ferrique»: Gezeigt werden kleine Dokumentar- und Werbefilme zum Thema Eisenbahn, die bis in die Anfänge der Filmgeschichte zurückreichen.
Die Musik zum sogenannten CinéConcert stammt aus dem Nachlass des Berliner Komponisten und Film-Kapellmeisters Bernhard Homola (1894–1975). Der Nachlass befindet sich heute im Archivbestand des Winterthurer Dirigenten Reto Parolari. Er ist Spezialist für historische Unterhaltungsmusik, hat selber ein Unterhaltungsorchester und leitet nun das Musikkollegium Winterthur bei dessen Auftritt an den Kurzfilmtagen.
Nur das Genre spielt eine Rolle.
Komponist und Musiktitel seien bei der Live-Filmmusik allerdings zweitrangig, sagt Reto Parolari. «Nur das Genre spielt eine Rolle: schnell, langsam, freudig, traurig.» Live-Orchester in Kinosälen waren zwischen 1900 und 1930 gang und gäbe. Der Tonfilm machte sie später überflüssig. Heute ist die Live-Vertonung wieder in Mode.
Regen- und Dampflokgeräusche
Die Aufgabe ist nicht einfach für das Orchester: Das abendfüllende Stummfilmprogramm der Winterthurer Kurzfilmtage besteht aus 15 kurzen bis sehr kurzen Filmdokumenten. «Wir können nicht im Tempo spielen, das uns gefallen würde, sondern immer nur so schnell, wie der Film gerade läuft», sagt Violinistin Rahel Kunz. Ihre Kollegen am Schlagzeug produzieren zudem Regen- oder Dampflokgeräusche. Unterstützt werden sie von einem eigentlichen Geräuschemacher, wie er in der Stummfilmzeit üblich war.
Rahel Kunz sieht in solch ungewöhnlichen Auftritten wie dem CinéConcert eine Chance für das Musikkollegium als klassisches Orchester: «Es ist wichtig, dass wir aus dem Elfenbeinturm der elitären Kunst heraus kommen.»