In der völlig durchreglementierten Bauern-Branche sagt der Staat auch, wann ein Bauernhof ein Profibetrieb oder eine Hobbylandwirtschaft ist. Die Messlatte für diese «Gewerbe-Grenze» ist die landwirtschaftliche Standart-Arbeitskraft, abgekürzt SAK. Jetzt hat es der bernische Grosse Rat in der Hand, diese Gewerbe-Grenze nach unten zu verschieben.
Ein Bauernhof, der ein bestimmtes Arbeitspensum nicht erreicht, verliert den Gewerbe-Status und damit viele Privilegien und Schutzbestimmungen, die die bäuerliche Gesetzgebung vorsieht.
Bei den Steuern, dem Ertragswert, beim Bauen ausserhalb der Bauzonen, bei den Pachtzinsen, bei den Hypotheken oder bei der Weitergabe des Hofes an die nächste Generation gelten in der Landwirtschaft nämlich andere Regeln als im Rest der Wirtschaft. So kann ein Bauernsohn oder eine Tochter den Hof zum Ertragswert übernehmen und muss nicht den viel höheren Verkehrswert finanzieren.
Heikles Geschäft im bernischen Kantonsparlament
Nun soll der bernische Grosse Rat diese Gewerbegrenze senken:
Ein Bauernbetrieb im Tal bräuchte nur noch 0,85 SAK (85%-Stelle), um als Gewerbebetrieb anerkannt zu werden. Bis jetzt ist die Grenze bei 1,0 SAK.
Das entspricht einer 100%-Stelle mit einer 50-Stundenwoche.
- Hügel- und Bergbauern hätten die Gewerbegrenze bereits bei 0,6 SAK erreicht. Heute braucht es dafür eine Arbeitsleitung von 75 Prozent.
Kein anderer Kanton legt die Latte für Profi-Landwirte so tief wie Bern. Das Geschäft ist daher auch stark umstritten. Für die Befürworter werden so ein paar hundert kleine Bauern existenziell unterstützt. Für die Skeptiker, darunter die Grossbauern, ist es ein Bremsklotz für den Strukturwandel zu grösseren, leistungsfähigeren Landwirtschaftsbetrieben.
Bauernverband zweifelt am Nutzen des SAK
Mitten drin steht der Berner Bauern Verband und sein Präsident Hans Jörg Rüegsegger. Er sieht den Nutzen der SAK-Regelung bei der Hofübergabe an die Nachkommen.
Aber sonst sollte man diese SAK-Regelung abschaffen. «Sie sagt nichts aus über die Innovationskraft eines Betriebes und sie setzt klare Fehlanreize». Zum Beispiel dann, wenn ein Bauer alles daran setzt, mit Beeren, Pilzen, einer Besenbeiz oder Obstbäumen die SAK-Mindestgrenze zu überwinden.