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Zulassung von Novartis-Mittel Neues Malaria-Medikament für Babies – das steckt dahinter

Ein Medikament extra für Babies – für Ärzte und Malariaforscherinnen ein hilfreicher Schritt im Kampf gegen Malaria. Wie wurde es entwickelt? Und wer spielte neben Novartis noch eine Rolle?

Darum geht es: Vor Kurzem haben der Pharmakonzern Novartis und die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic bekannt gegeben, dass das erste Malaria-Medikament für Babies nun in der Schweiz zugelassen ist: Coartem Baby. Es ist eine Neuformulierung eines existierenden Medikaments. Für Neugeborene und kleine Kinder unter fünf Kilogramm gab es bisher keine zugelassene Malaria-Therapie. Ärztinnen und Ärzte mussten Medikamente nutzen, die für ältere Kinder und Erwachsene gedacht sind. Das war möglich, aber es gab grosse Unsicherheit in der Dosierung. Diese Lücke schliesst sich nun. Malaria-Experte Quique Bassat vom Institut für globale Gesundheit in Barcelona schätzt: Würde, in einer idealen Welt, jedes erkrankte Baby das Medikament rechtzeitig bekommen, wäre die Malaria-Last um etwa fünf Prozent gesenkt.

Wie steht es um den Kampf gegen Malaria?

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Seit 2015 sinken die weltweiten Zahlen zu Malaria kaum noch. Es gibt zwar Länder wie Vietnam oder Kambodscha, die die Krankheit fast ausgerottet haben. Aber vor allem in Afrika geht es kaum noch voran. Pro Jahr sterben rund 600 000 Menschen an Malaria, bei rund 263 Millionen Erkrankungen. Mehr als 90 Prozent aller Erkrankungen und Todesfälle entfallen auf Afrika, und dort konzentriert sich die Krankheitslast auf ein knappes Dutzend Länder, die besonders hart betroffen sind. Gründe, warum es kaum noch vorwärts geht: eine sehr hohe Verbreitung der Malaria-Erreger vor Ort, dementsprechend viele Ansteckungen, und ein schlechter Zugang zu gesundheitlicher Versorgung mit Diagnostik, Therapie und Impfungen. Im Kampf gegen Malaria kommen verschiedene Mittel zum Einsatz: Netze und Insektizide gegen die Moskitos, Medikamente (auch prophylaktisch) und seit Kurzem auch zwei Impfungen.

Wer steht hinter dem neuen Medikament? Die Basler Pharmafirma Novartis hat die neue Formulierung zusammen mit der Genfer Organisation Medicines for Malaria Venture (MMV) entwickelt. MMV ist seit rund 25 Jahren spezialisiert auf den Kampf gegen Malaria und finanziert sich aus Hilfsgeldern. Die Organisation forscht mit rund 60 eigenen Malaria-Expertinnen und -experten selbst und kooperiert mit Pharmafirmen, um neue Therapien zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Um sicherzustellen, dass der spätere Umgang mit den Medikamenten ihren Prinzipien entspricht, schliesst MMV Vereinbarungen mit den Firmen – etwa dass das Medikament nicht mit Gewinnabsicht verkauft werden darf.

Warum entwickelt Novartis solche Medikamente nicht in Eigenregie?

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Für Firmen wie Novartis sind solche Partnerschaften zur Produktentwicklung ein Anreiz, Medikamente zu entwickeln, mit denen man voraussichtlich kaum Gewinn erzielen kann. Organisationen wie der Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria, die Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDI) oder eben MMV kooperieren seit einigen Jahrzehnten mit der Pharmaindustrie, um das Marktversagen auszugleichen, das bei vielen vernachlässigten Krankheiten zu beobachten ist: Firmen entwickeln auf eigene Initiative selten Therapien für Malaria oder Tuberkulose. Häufig gehen die Impulse von den Partnerorganisationen aus. «Es senkt die Risiken für die Firmen», sagt George Jagoe, zuständig für Medikamentenzugang bei MMV. Er hebt ausserdem die Malaria-Expertise seiner Organisation hervor: eine Expertise, die sich kein Pharmaunternehmen im eigenen Haus leisten würde. Die Industrie profitiert also sowohl von den finanziellen als auch den wissenschaftlichen Ressourcen der Partnerorganisationen.

Was sagt Novartis zum Preis des neuen Medikaments? Die Firma hat angekündigt, sie werde das neue Medikament in den besonders betroffenen Ländern «weitgehend ohne Gewinnabsicht» vermarkten. Was das konkret heisst, wollte Novartis nicht offenlegen. Generell verfolge der Konzern eine «no profit, no loss"-Strategie bei diesen Medikamenten - wolle also keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust machen. Der Grund: Man wolle «nachhaltig» sein, um den Kurs auch in unsicheren Zeiten halten und sogar in neue Forschung investieren zu können.

Welche Rolle spielte Swissmedic in dem Prozess? Swissmedic hat das neue Medikament in enger Zusammenarbeit mit acht afrikanischen Ländern von Burkina Faso bis Tansania geprüft und zugelassen. Diese Kooperation soll dabei helfen, dass die Länder das Medikament selbst rasch zulassen. Denn das ist häufig nicht der Fall: Auf die Zulassung von fertig entwickelten und getesteten Medikamenten müssen die Menschen in manchen Ländern viele Jahre warten - weil Firmen dort gar nicht erst einen Antrag auf Zulassung stellen, oder weil die Behörden dort nicht die Expertise und Kapazitäten haben, um Anträge rasch zu bearbeiten. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass es zwar Therapien oder Impfstoffe gibt, die gebraucht würden, aber in vielen Ländern über Jahre nicht verfügbar sind. Die Initiative von Swissmedic soll hier für Tempo sorgen: Mit zügigen Zulassungen, in Kooperation mit betroffenen Ländern, und so, dass die Fachleute vor Ort ihre Expertise ausbauen können.

Wann haben nun die betroffenen Länder in Afrika Zugang zu dem Medikament? Gemäss Swissmedic wird nun Novartis das Zulassungsgesuch in den teilnehmenden Ländern einreichen. Innerhalb von 90 Tagen, so die Erwartung, werden diese dann die Zulassung erteilen. Anschliessend kommt das Malaria-Medikament dann dort auf den Markt.

Rendez-vous, 17.07.2025, 12.30 Uhr

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