- Bis 1971 betrieb der Kanton Schwyz die Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach. Ein Bericht beleuchtet jetzt, was damals geschah.
- Unterdessen hat die Opferberatungsstelle 160 Betroffenen geholfen, ein Gesuch zu stellen, um Geld aus dem Solidaritätsfonds zu beantragen.
- Die Regierung überlegt sich, ob und wie sie für die Betroffenen ein Zeichen der Erinnerung setzen kann.
Es ist ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte: Die administrative Versorgung. Menschen, die nicht der Norm entsprachen oder nicht so lebten, wie es von ihnen erwartet wurde, sperrten die Behörden bis 1981 einfach weg. Viele der Betroffenen erlebten in den Anstalten Gewalt und Missbrauch. Aktuell wird dieses Kapitel im Auftrag von Bund und Kantonen aufgearbeitet.
Bericht beleuchtet die Jahre 1935 bis 1971
Am Sonntag wurde in Pfäffikon ein Untersuchungsbericht präsentiert, der die administrative Versorgung im Kanton Schwyz beleuchtet. Dabei untersuchten die drei beteiligten Historikerinnen auch die Geschehnisse in der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach in Schwyz. Diese wurde 1902 errichtet. Der Bericht hat die Jahre zwischen 1935 und 1971 untersucht, in dieser Zeit fällte die Schwyzer Regierung fast 1300 Entscheide zur Verwahrung in Kaltbach. Eine der beteiligten Historikerinnen ist Flavia Grossmann.
Die Menschen waren eingesperrt und hatten keine Privatsphäre.
Flavia Grossmann erzählt gegenüber SRF News, dass die Anstalt im Volksmund häufig auch einfach als «Zuchthaus Kaltbach» benannt wurde. «Das zeigt, dass dieses Haus immer in Verbindung mit 'eingesperrt-sein' verbunden war», sagt die Historikerin.
Häufig Arbeiter ohne Ausbildung oder Knechte betroffen
Einen Überblick über alle Jahre zu erhalten sei sehr schwierig, sagt Flavia Grossmann. Viele Akten seien vernichtet worden. «Jedoch zeigt sich, dass die Anstalt in Schwyz vergleichbar mit anderen Anstalten war. Da gab es Dunkelarrest, Erniedrigungen und Essensentzug.» In Kaltbach seien vorwiegend Menschen aus dem Kanton Schwyz untergebracht worden, jedoch auch aus anderen Zentralschweizer Kantonen.
«Häufig waren dies ungelernte Arbeiter oder Knechte – also Menschen aus den ärmsten Verhältnissen», sagt Flavia Grossmann. Häufig seien diese nach einer Trennung, einer Krankheit oder dem Tod des Partners in die Anstalt gekommen. Als Grund sei angegeben worden, dass die Betroffenen «liederlich» oder «arbeitsscheu» seien. «Dabei wurde auch nicht berücksichtigt, dass beispielsweise wirtschaftlich schwierige Zeiten geherrscht haben.»