Auch im Kanton Zug ist zahlreichen, von so genannten «fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» betroffenen Personen Unrecht geschehen. Doch ein umfassendes Bild der damaligen Geschehnisse fehlt. Es bestehe eine grosse Forschungslücke, teilt der Kanton mit.
Dieses wichtige Kapitel der Zuger Sozialgeschichte von 1850 bis 1980 soll nun durch die Beratungsstelle für Landesgeschichteaufgearbeitet werden. Dabei geht es um Missstände aber auch um die Überforderung des Personals in Kinder- und Jugendheimen, das von den Behörden allein gelassen wurde.
«Wir haben wahrscheinlich weniger Fälle von Verdingkindern, sondern mehr Geschichten aus Heimen», sagt die Zuger Regierungsrätin Manuela Weichelt, «Zug war ein ausgeprägter Heimkanton mit vielen Kinderheimen.»
Nicht Anprangern sondern Aufklären
Erforscht werden nicht nur einzelne Fälle, sondern auch die Strukturen, Werte und Normen nach denen damals gehandelt wurde. Es gehe nicht um Anprangern, sondern um Verstehen und Aufklären.
Die Forschungsarbeit stützt sich auf Archivquellen sowie auf Interviews mit Beteiligten und Betroffenen und umfasst alle Zuger Gemeinden. Der Bericht soll bis Ende 2021 vorliegen.
Der Zuger Regierungsrat hat für die historische Aufarbeitung im Sommer 400'000 Franken aus dem Lotteriefonds gesprochen. Einige Gemeinden haben Beiträge zugesagt und die Reformierte Kirche Kanton Zug und die Vereinigung der Katholischen Kirchgemeinden des Kantons beteiligen sich. Die Guido Fluri Stiftung stellt 100'000 Franken zur Verfügung. Weitere Gespräche laufen, um den Finanzbedarf von 950'000 Franken zu decken.