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Tigerfinken - ein Produkt made in Switzerland.
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Mode: So erkennt man die Schweizer

Gibt es, so wie es einen englischen Modestil oder eine Italianità in Kleiderfragen gibt, auch einen Schweizer Style?

Viele Länder haben eine ausgeprägte Modetradition und auch einen typischen Style, den man mit diesen Völkern verbindet. Italiener sind schlank und sexy angezogen, Franzosen kultivieren die legere Klassik und die Engländer die leicht schräge Tradition.

Hat die Schweiz so etwas auch? Wie zieht man sich hier an, was ist typisch, und wie kann man Schweizer auch im Ausland aus sicherer Distanz erkennen?

Wenig eigenes Profil
Leider nein, sagt der SRF 3 Stilsheriff Jeroen van Rooijen. Es sei der Schweiz nicht gelungen, eigenes modisches Profil auf der Weltkarte zu etablieren. Obwohl die Schweiz als Alpenland eine ausgeprägte eigene Kultur hat, ist man nicht über Trachtenromantik hinausgekommen. Man stellt sich zwar ein Heidi im Spitzenröckchen und einen Appenzeller Sennen im Kutteli vor, aber mit der Moderne hat das nichts zu tun, es ist nur Folklore.

Als Markt kennt das Alpenland eigene Gesetzmässigkeiten. So ist die Schweiz zwar ein tolles Land für internationale Marken, weil die Schweizer noch immer verhältnismässig hochpreisig einkaufen und sich gerne auch mal etwas Besseres leisten. Doch es sind nicht die modischen Extravaganzen, die sich gut verkaufen. Wie bei den Uhren mag man es diskret, wenn hochwertig zumindest die älteren Generationen, die das Geld haben. Bei den Jüngeren erodiert dieses Qualitätsbewusstsein zunehmend.

Extrem modische Ware hat in der Schweiz eher einen schweren Stand, weil das Publikum, das so etwas kauft, zu klein ist. Zwar gibt es in grösseren Städten durchaus gutbetuchte Modefreaks, aber es sind zu wenige, um auch exotischen Marken eine ausreichende Basis zu bieten. Die Folge ist, dass diejenigen, die modisch kompetent sind, dann immer darüber meckern, dass es die wirklich coolen Sachen in der Schweiz nicht gibt.

Und wie sehen die Schweizer denn nun  aus, wie erkennt man sie auf Flughäfen?
Die Schweizer Businessmen erkennt man immer ganz leicht, sagt Jeroen van Rooijen. Sie tragen ihre mittelguten und mittelgrauen Anzüge immer eine Nummer zu gross. Dazu tragen sie schwarze, eher breite Schuhe mit einer etwas festeren Gummisohle. Die Füsse stecken in schwarzen, knöchelkurzen Socken, und wenn sie dann in der Lounge die Beine übereinander schlagen, dann sieht man das käseweisse Bein. Ihre Siebensachen haben sie übrigens meistens in einem schwarzen Nylon-Case oder schlimmer: in einem Rucksäckli.

Der Schweizer Freizeittourist trägt ein kariertes, kurzärmliges Hemd, in der Brusttasche steckt die Sonnen- oder Lesebrille. Die sandfarbene Hose aus einem leichten Funktionsmaterial ist entweder 3/4-lang oder hat über dem Knie mit einem Reissverschluss abtrennbare Beine. An den Füssen trägt der Schweizer Tourist Klettersandalen, manchmal auch mit Socken. Kameras, Stadtplan und anderes hat er in einem Rucksäckli, das gehört einfach dazu.

Und gäbe es keine Frisuren und Figuren, so könnte man die Schweizerinnen noch nicht einmal von den Schweizer Männern unterscheiden, denn die Unterschiede zum Herrn sind gering. Die Helvetierin trägt eine praktische Kurzhaarfrisur und oft eine etwas frechere Brille. Sie mag auch gerne 3/4-Hosen, dazu ein frech bedrucktes Shirt. Um den Bauch gebunden trägt sie eine farbige Outdoor-Funktionsjacke, es könnte ja immer mal einen Wetterumschwung geben. Wenn sie in seltenen Fällen doch mal einen Rock trägt, dann sicher mit Hosen oder Leggings drunter.

Woran fehlts den Schweizern denn?
An Stolz, Wagemut und an Selbstbewusstsein. Auch an Sexappeal und Lässigkeit. Wir sind und da gehört der SRF-3-Stilonkel, wie er selber sagt, auch dazu ein derart ausgeprägtes KMU- und Mittelstands-Volk, im Mittelland in mittelgrossen Dörfern sozialisiert und auf unsere innere Mitte bedacht, dass mehr als Mittelmass einfach nicht drin ist.

Und genau da liegt das Potenzial auch: Wenn alle nur so mittelhübsch sind, kann man ganz leicht auffallen, sei es mal mit einem Rock statt einer Hose, einer Seidenbluse statt einen Baumwollshirt oder mit ein paar Pumps statt flacher Schuhe. Das macht schon einen Riesenunterschied. Und die gute Nachricht ist: Es könnte noch schlimmer sein. So wie in Deutschland etwa. Wir Schweizer leben im Paradies jetzt müssen wir nur noch den Mut haben, uns auch so anzuziehen. Wie Paradiesvögel. Es braucht mehr davon.

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