Zum Inhalt springen

Header

Audio
König Willem-Alexander trägt heute bei seiner Inthronisierung in Amsterdam den historischen roten «Königsmantel».
Keystone
abspielen. Laufzeit 8 Minuten 33 Sekunden.
Inhalt

Ein Hoch auf den königlichen Samtmantel

König Willem-Alexander trägt heute bei seiner Inthronisierung den historischen «Königsmantel» so, wie es schon seine Vorfahren seit zweihundert Jahren getan haben. Allerdings: Der Mantel, der letztmals 1980 von Königin Beatrix getragen wurde, ist nur eine billige Kopie des Originals von 1815.

Der Königsmantel war einst - wie die Krone - eines der wichtigsten Symbole für eine Monarchie. Allerdings halten nur noch das englische und das niederländische Königshaus am Königsmantel fest. In Belgien wurden Krone und Mantel schon länger abgeschafft.

Der Königsmantel der Oranjes ist aus rotem Samt, mit weissem Hermelinpelz gefüttert und mit 83 goldenen Löwen bestickt. Er stammt aus dem Jahre 1815 so will es die Legende, welche der Hof verbreitet. Denn tatsächlich wurde das Original von Willem I,  ein weiter Umhang mit langer Schleppe und einem auffälligen Kragen, seither etliche Male so radikal überarbeitet, dass inzwischen kaum mehr etwas vom ursprünglichen Kleidungsstück erhalten ist.

Jeroen van Rooijen

Jeroen van Rooijen

Der leuchtend rote Mantel von Willem I. aus dem Jahre 1815 war rundherum mit einer zirka 12 Zentimeter breiten Borte aus weissem Hermelinspelz abgesetzt. Aber schon 1840, als Willem II den niederländischen Thron bestieg, trug dieser einen anderen Krönungsmantel.

Der hochstehende Kragen fehlte, ausserdem wurde er nicht mit einer goldenen Spange geschlossen, sondern mit Kordeln an den Schulterpatten der Uniform befestigt. Willem II regiert nur neun Jahre, dessen Sohn, Willem III, liess den damals noch recht frischen Königsmantel unverändert. Die Porträts des Königs Willem III, der bis zu seinem Tod im Jahre 1890 regierte, zeigen den identischen Mantel wie bei dessen Vater.

Die eben erst volljährig gewordene Thronfolgerin Wilhelmina ließ den Mantel 1898 erneut radikal verändern. Der Mantel, den die junge Monarchin trug, war nach der Bearbeitung durch die Den Haager Pelzfirma Arbeiter runder, weicher und weniger militärisch. Die Schultern waren deutlich schmaler, die Pelerine femininer geschnitten und dem Modebild der Zeit angepasst.

Danach lag der Mantel die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in einer Kiste und diese Form der Aufbewahrung bekam dem royalen Stück nicht gut. Als der Königsmantel 1948 zur Krönung von Königin Juliana nach Den Haag gebracht wurde, waren sowohl der Pelz wie auch der Samt weitgehend zerfallen.

Der junge Schweizer Couturier Erwin Dolder, der damals in Julianas Gunst stand und sogar ein Atelier in deren Palast hatte, entschied sich darum, den Mantel komplett neu zu schneidern. Der Basler bestellte in der Schweiz etliche Meter neuen Samt und Hermelinspelz, trennte die 83 goldenen Löwen ab und nähte sie auf den neuen Mantel. Die neue Königin erfuhr erst kurz vor der Inthroniserung vom eigenmächtigen Handeln ihres Leibschneiders und beschloss, dass die Rundumerneuerung des historischen Vorbilds geheim bleiben sollte. Die Geschichte wurde erst gut fünfzig Jahre später publik, als Juliana schon lange abgedankt hatte.

Die auffälligsten Neuerungen, die Erwin Dolder dem Königsmantel von 1948 hinzufügte, waren ein runderer, weicherer Schnitt der Pelerine und ein auf der Vorderseite befestigter Kragen des Mantels. Dolder ersann ausserdem eine Konstruktion, die es der nervösen jungen Regentin erlaubte, die Arme zu bewegen, ohne dass der offene Mantel von den Schultern rutschte. Couturier Dolder kehrte später mit den Resten des alten Königsmantels nach Basel zurück und wurde dort noch öfters mit einer exzentrischen roten Samtjacke mit dunklen Flecken in Form von Löwen gesehen er hatte sich aus dem alten Königsmantel selbst einen Veston genäht. 1980 übernahm Beatrix die Königswürde.  Und wiederum war der Königsmantel wieder in einem schlechten Zustand, als man ihn zur Vorbereitung der Inthronisierung hervor holte. Der Samt konnte gerettet werden, allerdings musste der Pelz ersetzt werden. Hermelin war schwer zu bekommen, also verwendete die Schneiderin für die Pelerine und die Borten Secondhand-Pelze aus Jacken von anderen Kundinnen. Der Legende nach schnitt sie diese aus einem abgetragenen Mantel aus dem Fundus der Familie Brenninkmeyer (C&A) der Scherz, dass die niederländische Königin 1980 in Klamotten von C&A den Thron bestieg, lag also auf der Hand und hält sich bis heute.

Mehr von «Stil-Tipp»