Lina Meruane, geboren 1970 in Santiago de Chile, gehört zu den interessantesten Autorinnen der jüngeren chilenischen Literatur. Roberto Bolaño lobte ihre Prosa als eine «literarische Kraft, die aus den Hammerschlägen des Bewusstseins, aber auch aus dem Unfassbaren, aus dem Schmerz hervorkriecht.»
Das trifft ziemlich genau, was Lina Meruane in «Rot vor Augen» macht. In Kapiteln, keines mehr als zwei bis drei Seiten lang und mit teils schneidenden Überschriften, inszeniert sie sozusagen Einakter. Wie auf der Bühne haben Angst, Wut, Ausgeliefertsein, Liebhaber, Freunde, Familie, Ärzte, haben Liebe, Solidarität, Hilfsbereitschaft, aber auch Feigheit, Gemeinheit und Verrat ihre Auftritte. Plötzlich geht es auch um allgemeingesellschaftliche Fragen, um Politik. Und Krankheit ist nicht mehr privat, sondern geht uns alle an.
Buchhinweis:
Lina Meruane. Rot vor Augen. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Arche Verlag, 2018.