Die Monate Januar und Februar 1999 sind als «Lawinenwinter 1999» in die Wettergeschichte eingegangen. Damals kam es in weiten Teilen des Alpenraums zu zahllosen Lawinenniedergängen mit teilweise katastrophalen Folgen.
In der Schweiz gab es rund 1200 Schadenlawinen mit insgesamt 28 Verschütteten, von denen 17 nicht überlebten. Hinzu kamen 131 verschüttete Schneesportlerinnen und Schneesportler, von denen 19 ums Leben kamen.
Viele Verkehrswege im Alpenraum waren unterbrochen, ganze Talschaften von der Umwelt abgeschnitten und ohne Strom. Einheimische und Hunderttausende Touristen sassen damals fest.
Eindrücke vom Lawinenwinter 1999
Innerhalb von nur vier Wochen gab es am Alpennordhang fünf bis acht Meter Neuschnee. Erstmals seit der Einführung 1993 herrschte grossflächig die höchste Lawinenwarnstufe 5 für mehrere Tage hintereinander.
Das Ausmass der Schäden
Innerhalb eines Monats richteten Lawinen hierzulande Schäden in der Höhe von rund 600 Millionen Schweizer Franken an. Mehr als 300 Millionen Franken entstanden vermutlich als indirekte finanzielle Folge für die Tourismusbranche. Für den gesamten Alpenraum wurde die Schadenssumme auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt.
Mitarbeitende am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLFW erinnern sich 25 Jahre später:
- «Was sehr beeindruckend war, dass sehr viele Verbauungen in der Schweiz voll waren. Wir wussten, wenn es jetzt nochmals schneit, dann werden die keine Funktion mehr haben.» (Marcia Phillips, damals Doktorandin am SLF)
- «Der Lawinenwinter 1999 war natürlich das Ereignis im Leben eines Lawinenforschers. Und er ist auch heute noch immer die Referenz, an der man sich orientiert, wenn es um Grosslawinen geht.» (Jürg Schweizer, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter am SLF)
Zwölf Opfer im Walliser Dorf Evolène
Im Walliser Dorf Evolène war der folgenschwerste Lawinenniedergang im Lawinenwinter 1999 in der Schweiz und der drittschwerste des Landes im 20. Jahrhundert. Er kostete zwölf Menschen das Leben.
Die Katastrophe von Evolène
Der Lawinenwinter beschäftigte die Forschenden am SLF noch viele Jahre. Aus den Analysen gingen zahlreiche neue Projekte und Ideen für den Schutz vor Lawinen hervor.
Zum Beispiel wurde das Interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem geschaffen.
«Der Lawinenwinter 1999 hatte vor allem im Bereich der organisatorischen Schutzmassnahmen grosse Anstrengungen ausgelöst», sagt Thomas Stucki, Leiter Lawinenwarndienst am SLF. «Zum Beispiel wurde das Interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem geschaffen.»
Eine weitere Erkenntnis war, dass Lawinen zu sprengen eine sinnvolle, kostengünstige Alternative zu Lawinenverbauungen ist. Gleichzeitig wurde aber auch die Bedeutung der Bauten klar. Abschätzungen zeigten, dass im Februar 1999 rund 300 Schadenlawinen durch deren Wirkung verhindert wurden.
Historische Schneemassen
Gut ausgebildete Lawinenspezialisten sind eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von organisatorischen Schutzmassnahmen. Die Ausbildung wurde seither verbessert und seit Ende 2000 werden wieder vom SLF organisierte schweizerische Lawinenkurse durchgeführt.
Zur Vernetzung bereits bestandener Wetter- und Schneedaten wurde ein Informationssystem aufgebaut, das in den letzten Jahren zu einer eigentlichen Lawineninformations- und Warnplattform ausgebaut wurde. Sie dient lokalen Sicherheitsverantwortlichen als Informationsquelle und gleichzeitig können sie ihre lokalen Beobachtungen und ihre Einschätzung der Gefahr eingeben.