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25 Jahre Lawinenwinter Die Alpenregion befand sich 1999 im Ausnahmezustand

Enorme Schneemassen führten vor 25 Jahren zum Katastrophenwinter mit Todesopfern.

Die Monate Januar und Februar 1999 sind als «Lawinenwinter 1999» in die Wettergeschichte eingegangen. Damals kam es in weiten Teilen des Alpenraums zu zahllosen Lawinenniedergängen mit teilweise katastrophalen Folgen.

Die drei grossen Katastrophen

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Die drei verheerendsten Lawinenniedergänge im ganzen Alpenraum waren 1999:

  • Chamonix/Montroc (Frankreich)
  • Evolène (Schweiz)
  • Galtür (Österreich)

Allein diese drei Lawinenniedergänge forderten 62 Todesopfer.

In der Schweiz gab es rund 1200 Schadenlawinen mit insgesamt 28 Verschütteten, von denen 17 nicht überlebten. Hinzu kamen 131 verschüttete Schneesportlerinnen und Schneesportler, von denen 19 ums Leben kamen.

Video
Archiv: Lawinenkatastrophe 1999 in Galtür und Evolène
Aus DOK vom 24.01.2019.
abspielen. Laufzeit 50 Minuten 49 Sekunden.

Viele Verkehrswege im Alpenraum waren unterbrochen, ganze Talschaften von der Umwelt abgeschnitten und ohne Strom. Einheimische und Hunderttausende Touristen sassen damals fest.

Innerhalb von nur vier Wochen gab es am Alpennordhang fünf bis acht Meter Neuschnee. Erstmals seit der Einführung 1993 herrschte grossflächig die höchste Lawinenwarnstufe 5 für mehrere Tage hintereinander.

Warum es zum Lawinenwinter kam

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Auslöser war eine besondere Wettersituation. Gleich dreimal kurz hintereinander traten niederschlagsreiche Nordwest-Staulagen auf: vom 26. bis 29. Januar, vom 5. bis 10. Februar und vom 17. bis 24. Februar 1999. Sie führten zu lang anhaltenden, intensiven Schneefällen. Fünf bis acht Meter Schnee fielen innerhalb von nur vier Wochen.

Das Ausmass der Schäden

Innerhalb eines Monats richteten Lawinen hierzulande Schäden in der Höhe von rund 600 Millionen Schweizer Franken an. Mehr als 300 Millionen Franken entstanden vermutlich als indirekte finanzielle Folge für die Tourismusbranche. Für den gesamten Alpenraum wurde die Schadenssumme auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt.

Die grossen Lawinenwinter in der Schweiz und ihre Folgen

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  • 1887/88: Mehr als 1000 Lawinen, erstmals werden Schäden dokumentiert.
  • 1951: Rund 1300 Schadenlawinen, der Lawinenwarndienst wird ausgebaut, der Stützverbau in Anrissgebieten wird forciert.
  • 1954: 325 Schadenlawinen, Lawinenmodelle entstehen.
  • 1968: Besonders schwer traf es Davos, die Bedeutung von Gefahrenkarten wird offensichtlich, deren Erarbeitung wird forciert.
  • 1999: Rund 1200 Schadenlawinen, temporäre Schutzmassnahmen werden forciert.
  • 2018: Rund 150 Schadenlawinen, es zeigt sich, dass sich die Kombination aus permanentem und temporärem Lawinenschutz bewährt.

Quelle: SLF

Mitarbeitende am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLFW erinnern sich 25 Jahre später:

  • «Was sehr beeindruckend war, dass sehr viele Verbauungen in der Schweiz voll waren. Wir wussten, wenn es jetzt nochmals schneit, dann werden die keine Funktion mehr haben.» (Marcia Phillips, damals Doktorandin am SLF)
  • «Der Lawinenwinter 1999 war natürlich das Ereignis im Leben eines Lawinenforschers. Und er ist auch heute noch immer die Referenz, an der man sich orientiert, wenn es um Grosslawinen geht.» (Jürg Schweizer, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter am SLF)

Zwölf Opfer im Walliser Dorf Evolène

Im Walliser Dorf Evolène war der folgenschwerste Lawinenniedergang im Lawinenwinter 1999 in der Schweiz und der drittschwerste des Landes im 20. Jahrhundert. Er kostete zwölf Menschen das Leben.

Der Lawinenwinter beschäftigte die Forschenden am SLF noch viele Jahre. Aus den Analysen gingen zahlreiche neue Projekte und Ideen für den Schutz vor Lawinen hervor.

Zum Beispiel wurde das Interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem geschaffen.
Autor: Thomas Stucki Leiter Lawinenwarndienst am WSL-Institut SLF

«Der Lawinenwinter 1999 hatte vor allem im Bereich der organisatorischen Schutzmassnahmen grosse Anstrengungen ausgelöst», sagt Thomas Stucki, Leiter Lawinenwarndienst am SLF. «Zum Beispiel wurde das Interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem geschaffen.»

Eine weitere Erkenntnis war, dass Lawinen zu sprengen eine sinnvolle, kostengünstige Alternative zu Lawinenverbauungen ist. Gleichzeitig wurde aber auch die Bedeutung der Bauten klar. Abschätzungen zeigten, dass im Februar 1999 rund 300 Schadenlawinen durch deren Wirkung verhindert wurden.

Gut ausgebildete Lawinenspezialisten sind eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von organisatorischen Schutzmassnahmen. Die Ausbildung wurde seither verbessert und seit Ende 2000 werden wieder vom SLF organisierte schweizerische Lawinenkurse durchgeführt.

Zur Vernetzung bereits bestandener Wetter- und Schneedaten wurde ein Informationssystem aufgebaut, das in den letzten Jahren zu einer eigentlichen Lawineninformations- und Warnplattform ausgebaut wurde. Sie dient lokalen Sicherheitsverantwortlichen als Informationsquelle und gleichzeitig können sie ihre lokalen Beobachtungen und ihre Einschätzung der Gefahr eingeben.

SRF 1, Morgengast, 20.02.2024, 06:40Uhr;

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