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Autofahren früher «Die Autos haben gekocht in den Bergen»

Zusammen mit Hörerinnen und Hörern schaltet Radio SRF 1 in den Rückwärtsgang und erinnert sich an Zeiten, in der Einparkhilfen oder Navi noch Fremdwörter waren.

Wer in den 1950er-Jahren Auto fuhr, konnte noch nicht auf Hilfsmittel wie Servolenkung und Synchronisierung zählen. «Damals brauchte es Geschick und Kraft», erinnert sich der heute 91-jährige Peter Graber, der ab 1956 Fahrlehrer in der Stadt Luzern war.

Grabers Fahrschülerinnen und -schüler lernten noch mit Zwischengas in den ersten Gang herunterzuschalten. An diese mühsame Praxis erinnert sich auch SRF 1-Hörerin Verena Bauer, die mit dem Fiat Topolino ihres Freundes fahren lernte: «Ich habe dieses Auto gequält – grausam. Doch mein Freund hat nie ausgerufen. Wir waren jung und sehr verliebt.»

Damals brauchte es Geschick und Kraft fürs Autofahren.
Autor: Peter Graber Ehemaliger Fahrlehrer

Kompensiert wurde die komplizierte Manövrierbarkeit mit der vergleichsweisen Überschaubarkeit im Verkehr. Auch Verkehrsregeln gab es damals noch praktisch keine.

SRF 1-Hörerinnen und Hörer erinnern sich an Geschichten ihrer Grosseltern, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Fahrprüfung machten – die Anforderungen waren damals deutlich geringer als heute.

Als es bei der Autoprüfung noch keine Regeln zu beachten gab:

Box aufklappen Box zuklappen

1910 gab es in der Schweiz 2'276 Personenwagen. Verkehrsregeln gab es damals noch keine. Eine Autoprüfung jedoch schon.

Dabei wurde in erster Linie geprüft, ob das Auto fahrtüchtig war. Die Fahrkompetenzen der autobesitzenden Person wurde nur zweitrangig geprüft.

Damals konnten sich nur reiche Leute ein Auto leisten und so organisierten sich Autobesitzer sowieso einen Chauffeur mit dazu - der meist auch noch Automechaniker war. Garagen waren zu dieser Zeit noch nicht an jeder Strassenecke zu finden.

Mit der Zeit wurden die Standards bei der Fahrzeugkontrolle und -prüfung aufgrund des zunehmenden Verkehrs angepasst. Bis in die Mitte der 20. Jahrhunderts blieb die Fahrprüfung aber doch eher locker.

Rolf Brühlmann erzählt: «Mein Grossonkel musste bei der Fahrprüfung zwischen 1900 und 1910 auf einem grossen Platz 100 Meter vorwärts- und wieder zurückfahren. Er hat bestanden.»

Abenteuer auf vier Rädern

Etwas abenteuerlicher als bei den ersten Fahrprüfungen ging es ab den 1950er-Jahren auf den Schweizer Passstrassen zu und her. Kilometerweit haben sich an Sonntagen Fahrzeug an Fahrzeug die engen Kurven hochgeschlängelt.

Die Autos haben gekocht in den Bergen! Da musste man immer wieder anhalten, Wasser nachfüllen und warten, bis der Motor abgekühlt ist.
Autor: Walter Isenschmid Auto-Liebhaber

«Die Autos haben gekocht in den Bergen! Da musste man immer wieder anhalten, Wasser nachfüllen und warten, bis der Motor abgekühlt ist», erinnert sich der 85-jährige Walter Isenschmid.

Bei SRF 1-Hörer Ruedi Hofstetter waren solche Sonntagsausflüge nicht sonderlich beliebt. Sein Vater liebte grosse amerikanische Autos und fuhr diese zum Leidwesen der Kinder jeweils gerne gleich über mehrere Pässe aus. «Wir hatten immer ein altes Milchkesseli dabei, in das wir uns reihum übergaben.»

Benzin im Blut

Positivere Autoerinnerungen hat Romy Haas. «Wenn die Benzinglocke läutete, rannte ich in die Garage herunter und bediente die Kundschaft», erzählt die Garagentochter aus ihrer Kindheit.

Wenn die Benzinglocke läutete, rannte ich in die Garage herunter und bediente die Kundschaft.
Autor: Romy Haas In einer Garage aufgewachsen

Den Duft von Benzin hat sie tief verinnerlicht. Als kleines Mädchen musste sie jeweils auf die Zehenspitzen stehen, um das von den Kunden gewünschte Benzin in den Tank einzufüllen.

Ihr autobegeisterter Vater hatte sich die Automechanik selbst beigebracht und sich sein Auto selbst zusammengebaut.

Selbst zusammengebautes Auto.
Legende: Diese Eigenkonstruktion von Romy Haas' Vater aus dem Jahr 1953 kam erfolgreich durch die Zulassungsprüfung und durfte im Strassenverkehr fahren. zVg / Romy Haas

Prominente Sendezeit fürs Auto

Ein Autoradio war in diesem selfmade BMW sicherlich noch nicht eingebaut. Sowieso blieb dies lange eher eine Rarität. Nichtsdestotrotz lief in den 1960- und 70er-Jahren die populäre Sendung «Auto Radio Schweiz» – die aber eben eher in den Wohnzimmern lief, als in den Autos auf den Strassen.

Besonders zu reden gab in der Sendung das Verhalten im Strassenverkehr und die damit verbundenen Verkehrsregeln. Hans. H. Schnetzler ist ehemaliger Moderator von «Auto-Radio Schweiz» und erinnert sich daran, wie er Herr und Frau Schweizer den Kreisverkehr zu erklären versuchte. Dies, weil es in der Schweiz im Gegensatz zu Nachbarländern noch keine Kreisel gab und damit es dort nicht zu Unfällen kam.

Nicht selten behandelte der 87-Jährige in der Sendung auch sehr umstrittene Themen wie Gurtenpflicht und Tempolimiten. «Ich versuchte jeweils herauszuspüren, wie weit ich gehen konnte, umstrittene Massnahmen populärer zu machen», erzählt der 87-Jährige.

Radio SRF 1, Aktuell, 06.06.25, 16:20 ; 

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