Wer schon einmal in einer Restaurantküche gearbeitet hat, weiss: Was für den Gast als liebevoll angerichtetes Gericht daherkommt, bedeutet für die Küche viel Arbeit und Herzblut.
Als Köchin oder Koch gehört Zeitdruck und Hektik zum Arbeitsalltag dazu. Da kann es auch mal passieren, dass der Umgangston etwas rauer wird.
Die Dok-Serie zum nachschauen
Aber der Ton, den der Küchenchef des Zürcher Traditionslokals Kronenhalle bei «SRF Dok» anschlägt, ist einigen sauer aufgestossen. Bei Google erhielt das Kult-Restaurant negative Bewertungen. In den Medien reagierte der Küchenchef auf die Kritik der Userinnen und User. Auch der Geschäftsführer nimmt Stellung.
Schlechtes Klima ist Gift für Personalsuche
Einer, der den Arbeitsalltag in einer Sternenküche bestens kennt, ist der Foodblogger und ehemalige Spitzenkoch Noah Bachofen. Er hat seine Ausbildung in einem kleinen Gasthaus in Elm gemacht und die «Dok»-Serie ebenfalls gesehen: «Der Küchenchef ist streng, er ist klassisch», und ergänzt, «aber ich finde, in der Kronenhalle ist der Umgangston noch im Rahmen.»
In seinem Ausbildungsbetrieb in Elm habe ein deutlich rauerer Umgangston geherrscht: «Es sind durchaus mal Beleidigungen gefallen und Tränen geflossen.» So ein Führungsstil sei nicht mehr zeitgemäss. Der ehemalige Sternekoch kennt viele neue Betriebe mit jungen Küchenchefs, die ein besseres Arbeitsklima bieten wollen.
«Die Kronenhalle hat einen Riesennamen und vermutlich genug Personal», sagt Bachofen. «Wenn man heute ein Restaurant eröffnet und keinen Namen hat, muss man sich viel Mühe geben, damit die Leute zu einem arbeiten kommen.»
«Dok» schlägt hohe Wellen an Hotelfachschule
Ähnlich sieht es Marc-André Dietrich, der die Studierenden an der Hotelfachschule Luzern im Bereich Gastronomie ausbildet. Der Umgangston des Kronenhalle-Küchenchefs sei bei Studierenden auf Unverständnis gestossen.
«Die Studierenden fragten mich, ob das überall so ist wie in der ‹Dok›-Serie», erzählt er. Der Grossteil der Studierenden steigt quer ein und kennt die Branche nicht. «Da ist oftmals noch das Bild eines bösen Küchenchefs vorhanden, der herumschreit.»
Genau dieses Bild möchte Dietrich und der Rest der Dozierenden verändern. «Da ist diese ‹Dok›-Sendung natürlich eine Art ‹Backflash›», sagt Dietrich. Das Bild, das die Küche der Kronenhalle von sich gibt, ärgert ihn.
Umso wichtiger sei es, den Studierenden von Beginn weg auf Augenhöhe zu begegnen. Die angehenden Gastronominnen und Gastronomen werden auch in Sozialkompetenz geschult: «Sie müssen sich selbst und ihre Skills kennenlernen.» Also, taugen sie eher als Fachkraft oder als Leaderin? Können sie mit Stress umgehen?
Arbeitsklima hängt vom Betrieb ab
Vor gut zehn Jahren, als Bachofen seine Ausbildung anfing, sei er ziemlich ins kalte Wasser geworfen worden. «Man kommt aus der Schule, möchte seinen Traumjob ausüben und merkt, dass die Realität doch nicht so ist, wie ich mir es vorgestellt habe.» Er habe sogar mit dem Gedanken gespielt, seine Ausbildung abzubrechen.
Zum Glück, sagt er, habe er weitergemacht. Inzwischen ist Bachofen nicht mehr in der Gastronomie tätig. Seit seiner Ausbildung durfte er einige Betriebe kennenlernen, in denen die Führung gut war. «Wenn du ein familiäres Arbeitsklima bietest, möchten die Leute gar nicht mehr gehen.» Und das sei insgesamt schlauer, als wenn man die Küchencrew und den Nachwuchs vergraule.