Bähram Alagheband sammelte schon als Kind tote Insekten und ist bis heute fasziniert von ihnen.
SRF: Sie vergleichen Insekten gerne mit Superhelden. Warum?
Bähram Alagheband: Weil sie zum Beispiel extrem schnell sein können. Der Sandlaufkäfer gilt als Usain Bolt der Insekten. Dieser Käfer sprintet im Verhältnis zu seiner Körpergrösse bis zu 800 Kilometer pro Stunde schnell. Mit dem Vergleich des Superhelden kann man das den Menschen sehr gut erklären, es wird vorstellbar.
Mein Lieblingstier ist der Sandlaufkäfer, weil er 800 Kilometer pro Stunde auf den Tacho bringt. Er ist der Chuck Norris der Käfer.
Wenn man zwei Hirschkäfer miteinander kämpfen sieht, ist das eindrücklich. Das Hirschgeweih auf dem Kopf sieht aus wie Hände. Mit diesen greifen die Käfer einander um den Bauch und versuchen einander vom Baum herunterzustossen. Ganz ähnlich wie zwei Ringer oder Schwinger. Faszinierend.
Eine ihrer Lieblingswiesen, um Insekten zu beobachten, liegt in der Nähe von Aarau, in Asp bei Densbüren. Was ist dort zu finden?
Die Wiese ist extrem reich an Insekten. Dort habe ich eine Singzikade gefunden. Sie ist selten geworden. Von zehn Arten in der Schweiz sind acht vom Aussterben bedroht oder gefährdet.
Viele Menschen reagieren verwundert, wenn ich ihnen sage, dass ich im Aargau auf Insektensuche gehe.
Auch eine Fangwanze habe ich entdeckt. Solche Funde sind einfach ein Glück für mich. Sie zeigen mir, dass ich nicht in den Dschungel muss, um tolle Insekten zu sehen. Wenn ich den Menschen erzähle, dass ich im Aargau auf Insektensuche gehe, reagieren viele verwundert. Viele nehmen den Aargau bloss als Autobahnkanton wahr.
Jubeln Sie dann innerlich vor Freude?
Ja. Ich spreche mit mir selber, sage Dinge wie: «Das ist so grossartig, ich glaube es nicht». Ich spreche auch mit den Insekten. «Bleib noch rasch hier, geh nicht weg. Ich brauche noch ein paar gute Bilder von dir». In solchen Momenten bin ich sehr glücklich, sehr aufgeregt und schütte einiges an Adrenalin aus.
Wichtig ist mir, dass ich die Situation nicht beeinflusse. Weder berühre ich die Tiere, noch bringe ich sie in eine bestimmte Position. Teilweise warte ich stundenlang. Ich will das Tier möglichst nicht stören.
Einen speziellen Fund haben Sie auch in der Nähe des Flughafens Zürich gemacht. Erzählen Sie!
Eine Kegelbiene, die sich schlafen legt. Diese Entdeckung war für mich das Grösste. Sie beisst sich mit ihren Maulwerkzeugen – den Mandibeln – in einen Zweig und hält sich nur mit dem Maul fest. Der Rest des Körpers schwebt frei in der Luft. Das Tier schläft so ein.
Das Insekt ist wie eine ‹Wetter-App›.
Die Kegelbiene macht das auch, wenn Regen droht. Das Tier ist wie eine «Wetter-App». Die Biene hat eine innere Uhr und merkt, dass es sich in Sicherheit bringen muss. Regen ist für Insekten als ob Steine vom Himmel fallen.
Aufnahmen von Insektenfotograf Bähram Alagheband
In der Schweiz sind fast 60 Prozent der Insektenarten gefährdet. Als Hobby-Insektenforscher muss Ihnen das Sorgen bereiten?
Es ist kein schönes Bild. Insekten werden weniger. Das ist Fakt. Darum will ich diese Insektengeschichten auch erzählen und diese faszinierende Welt den Menschen näherbringen. Ohne Mahnfinger. Ich möchte den Menschen die Schönheit dieser Welt zeigen und damit auch, was wir verlieren könnten.
Was ist ihr grösster unerfüllter Wunsch, welches Insekt möchten Sie unbedingt finden in der Schweiz?
Die Grosse Sägeschrecke. Ganz klar. Sie ist sehr selten. Man findet sie zum Beispiel im Rheintal. Sie zu finden, würde mich extrem freuen!
Wenn Sie ein Insekt sein könnten, welches wäre es?
Ich wäre ein Sandlaufkäfer, weil er so schnell rennen kann. Das ist mein Lieblingstier. Ich sage immer, der Sandlaufkäfer ist der Chuck Norris der Käfer. Er kann alles. Deshalb wäre es cool, ein Sandlaufkäfer zu sein.
Das Gespräch führte Radka Laubacher.