Welche Note auf einer Skala von 1 bis 10 geben Sie der Schweizer Bevölkerung in Bezug auf ihr Wissen rund um den Fisch?
Luca Bianchi , Fischunternehmer: «7 bis 8. Das Know-How nimmt zu, durch das Reisen und Fernsehsendungen zum Thema ist die Affinität zu Fisch gewachsen.»
Constanze Pietsch , Wissenschaftlerin: «Höchstens eine 5. Es fängt schon damit an, dass sich Viele nie an den ganzen Fisch wagen, sondern stets das fertig geschnittene Filet kaufen.»
Billo Heinzpeter Studer, Präsident Verein Fair-Fish : «Wenns um ökologische Fragen und Fischfang geht, gebe ich eine 5. Wenn es um das Wohl der Fische geht, im Fang oder in der Zucht, ist es maximal eine 3.»
Was wissen wir nicht über den Fisch auf unserem Teller, was wir wissen sollten?
Billo Heinzpeter Studer: «Dass wir zu viele Fische aus den Meeren rausholen, die Überfischung, ist langsam in den Köpfen. Was den Leuten noch nicht so bewusst ist, ist aus meiner Sicht das Leiden der Fische. Der Fisch als leidensfähiges Tier hat einen schweren Stand. In Köpfen gezählt, macht Fisch den grössten Anteil aus an Tieren, die wir für unseren Teller schlachten.»
Wir wissen noch viel zu wenig über die Fische.
Constanze Pietsch: «Sie sind weiter weg von uns als Landtiere, darum verstehen wir sie weniger gut. Doch wir haben viel gemeinsam! Der Fisch ist auch ein Wirbeltier, die Gene des gut untersuchten Zebrabärblings stimmen zu 70 Prozent mit unseren Genen überein. Und ich glaube auch, dass sie ein Bewusstsein haben.»
Luca Bianchi: «Man muss sich bewusst sein, was alles dahintersteckt. Saisonalität, Wetterbedingungen, die sich auf den Fischfang auswirken. Es scheint mir wichtig, dass man sich vor Augen führt, wie viele Schritte es braucht, bis der Fisch auf dem Teller ist.»
Kann ich noch mit gutem Gewissen Fisch essen?
Billo Heinzpeter Studer: «Aus ökologischer Sicht sage ich: Maximal einmal pro Monat. Die ethische Antwort ist vermutlich strenger. Dann möchte ich wissen: Hatte es dieser Fisch gut? Beim Wildfang gibt es kein Label, das mir garantiert, dass der Fisch vor dem Tod nicht leiden musste. Und auch in der Fischzucht gibt es kein Siegel dafür, dass der Fisch so leben konnte, wie er in der Natur leben würde.»
Luca Bianchi: «Ja, absolut. Natürlich darf man sich nicht zu viel versprechen von Labels, aber gerade MSC für Wildfang und ASC für Zucht sind sehr gut überprüfte Labels.»
Constanze Pietsch: «Ja. Beim Bezug von lokalen Märkten und aus der Region ist das möglich.»
Wenn ich im Supermarkt Fisch kaufen will, werde ich mit Labels überschwemmt. Wie kann ich mich schlauer machen?
Luca Bianchi: «Auch hinter Labels stehen NGOs und Unternehmen, die sich finanzieren müssen. Aber ASC und MSC sind gut kontrolliert. Wir analysieren zudem, welchen WWF-Score die Fische haben. Auch das Personal hinter den Fischtheken ist meist gut geschult und kann Auskunft geben.»
Ich empfehle, maximal einmal im Monat Fisch zu essen.
Billo Heinzpeter Studer: «Auch bei Labels wie MSC, ASC oder «Friend of the Sea» gibt es blinde Flecken. Man kann sich vor dem Fischkauf informieren. Es gibt Ratgeber wie den Fischtest von Fair-Fish. Wir beziehen das Fischwohl mit ein und berücksichtigen beispielsweise die Fangmethode.»
Constanze Pietsch: «Schwieriger ist es, wenn man Fisch aus dem Ausland importiert und da vielleicht nicht alle Informationen darüber hat, wie der Fisch lebte, bevor er zum Supermarktprodukt wurde.»
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In der Schweiz und weltweit gibt es immer mehr Fische aus Zucht. Jeder zweite Fisch, der verspiesen wird, ist aus einer Zucht. Ist das die Zukunft?
Luca Bianchi: «Ja. Ich denke, wenn wir mehr in Richtung Zucht gehen, werden wir die Speisefische, die wir heute essen, auch in 20 Jahren noch konsumieren können.»
Billo Heinzpeter Studer: «Ich bin skeptisch. Die Aquakultur ist aktuell keine Lösung gegen die Überfischung. In Industrieländern werden vornehmlich Raubfische gegessen. Diese müssen wiederum mit Fisch gefüttert werden. In den Industriestaaten wird zwei- bis dreimal so viel Fisch im Futter benötigt, wie am Ende auf dem Teller landet. Zudem können Fische in Zucht kein Leben haben, wie sie es in der Natur hätten.»
Constanze Pietsch: «Man sollte auf Fischmehl aus Fischfang verzichten. Da gibt es Bemühungen. Wir wissen mittlerweile, dass auch Raubfische vegetarisch ernährt werden könnten. Zwar ist jede Fischart einzeln zu betrachten und es gibt auch Grenzen – aber es ist nicht unmöglich. Ein «fischwohliges» Leben in der Zucht ist aus meiner Sicht möglich.»
Ihre Tipps für den Fischkauf?
Luca Bianchi: «Wenn Sie frischen Fisch kaufen, schauen Sie ihm in die Augen. Glänzen diese, ist der Fisch frisch. Rote Kiemen sind auch ein Zeichen dafür.»
Constanze Pietsch: «Fischstäbchen sind nicht gerade das beste Beispiel für nachhaltigen und guten Fischkonsum.»
Billo Heinzpeter Studer: «Ich empfehle, maximal einmal im Monat Fisch zu essen. Wenn Sie dann welchen essen, geniessen Sie ihn, wie er ist. Machen Sie ihn nicht kaputt mit zu viel Gebrate, Gewürz und Zitronensaft!»