Die Zahl der Brauereien in der Schweiz ist in den letzten Jahren explodiert. Während es 1990 noch 32 Brauereien gab, erreichte die Zahl 2021 mit 1278 Brauereien den Höhepunkt. Das zeigt die Brauereistatistik des Bundesamts für Zoll- und Grenzsicherheit (BAZG).
Doch mit diesem Boom ist jetzt Schluss: Erstmals nimmt die Zahl an Brauereien ab. 2022 sie von 1278 auf 1179. Somit sind rund 100 Brauereien innerhalb eines Jahres verschwunden. Die meisten sind Kleinbrauereien. Dazu gehören beispielsweise die Soorser Bier AG im luzernischen Sursee, «Dark Wolf» in Dietikon im Kanton Zürich, «Blackwell Brewery» in Burgdorf im Kanton Bern oder die Brauerei Maihof in der Stadt Luzern.
Produktionskosten schiessen in die Höhe
Bei vielen Brauereien sieht man das Problem bei den gestiegenen Energiekosten. So auch Christopher Lüke, ehemaliger Bierbrauer der Brauerei Maihof: «Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine ist alles teurer geworden.» Wasser-, Strom- und Gaspreise seien absurd in die Höhe geschossen. Auch die Rohstoffpreise und Transportkosten seien angestiegen.
Die Brauerei Maihof war eine kleine Brauerei. Das selbst gebraute Craft-Beer von Lüke gab es in vier Lokalen in Luzern zu trinken. «Der Gewinn hat sich schon immer in Grenzen gehalten», sagt er. Die höheren Produktionskosten haben ihn nun auf null gesetzt: «Ich konnte mir nicht mal selbst mehr einen Lohn auszahlen.»
Es hat weh getan, aufzuhören.
Also entschied sich Lüke letzten Winter dazu, dicht zu machen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie er selbst sagt. Zum einen sei es schön gewesen, plötzlich so viel Zeit zu haben. Lüke ist eigentlich Architekt, das Bierbrauen war für ihn ein Nebenberuf: «Zum anderen ist es das schönste Gefühl, wenn die Leute in der Bar dein Bier trinken. Das hat mich immer besonders stolz gemacht.» Es habe weh getan, aufzuhören.
Hauptsächlich kleine Brauereien betroffen
Dass die Krise hauptsächlich kleine Brauereien betrifft, bestätigt Martin Uster. Er ist Präsident der freien Schweizer Brauereien, einem Verein, der Brauereien in der Schweiz unterstützt: «In unseren Reihen ist kein Mitglied von einem Konkurs betroffen.» Man solle die Schliessungen nicht überbewerten.
Uster betont, dass die hohe Brauereidichte im Kontrast zum vergleichsweise niedrigen Bierkonsum in der Schweiz steht. In Österreich und Deutschland trinke man fast doppelt so viel Bier im Jahr wie in der Schweiz. «Es kann schwierig sein, in diesem Wettbewerbsumfeld in der Schweiz erfolgreich zu sein, insbesondere für kleinere Brauereien», sagt Uster.
Aus meiner Sicht sollte man die Schliessungen nicht überbewerten.
Uster vermutet auch, dass der Fachkräftemangel eine Rolle spielen könnte – ähnlich wie in der Gastronomie: «Zudem werden in der Schweiz jährlich nur neun bis zwölf Lebensmitteltechnologen und -technologinnen in Fachrichtung Bier ausgebildet. Das ist leider sehr wenig.»
Pause statt Ende
Obwohl der eigene Ausstieg nicht einfach gewesen ist, sieht Lüke den Rückgang der Brauereien in der Schweiz positiv: «Es ist ein gesundes Schrumpfen.» Brauen sei wie Velofahren oder Schwimmen – man verlerne es nicht. Lüke ist überzeugt: «Irgendwann kommen die Leute wieder. Vielleicht wird die Produktion ja auch wieder günstiger, das weiss man nicht.» Für Lüke ist es kein definitiver Abschied vom Brauen. Er sieht es mehr als Pause.