In erwachsenen Ohren kann es wahrlich fremd tönen, wenn Jugendliche sich unterhalten: «Beef mit de Homies isch ächt wack, Bro!», «Ire Style isch nice, aber si isch gliich e fucking Bitch-ass!»*
Über sowas regen sich viele Erwachsene fürchterlich auf. Oder sie amüsieren sich darüber. Oder sie verstehen schlicht nicht, worum es geht.
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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Englisch ist «lit»
So krass wie in diesen Beispielsätzen reden natürlich nicht alle Teenies. Unüberhörbar ist aber die Attraktivität von englischen Ausdrücken in der Jugendsprache aller sozialen Schichten und Gruppen.
Der wichtigste Grund dafür: Englisch ist omnipräsent. In einem von Schüler*innen 2015 im «Sprachspiegel» veröffentlichten Artikel über Jugendsprache steht: «Die Sprache [Englisch] ist universell und es macht einen auch ziemlich stolz, wenn man vielseitige Sprachkenntnisse hat.»
Englisch ist die «Sprache der Stars», heisst es weiter - eine Prestigesprache also. Aber nicht nur das. Englische Wörter sind oft kurz und treffend, wo ihre dialektalen Pendants im heutigen hohen Sprech- und Schreibtempo umständlicher wirken: «lit», «safe» und «nice» scheinen knackiger als «super», «sicher» und «lässig».
Die Sprache eines Lebensabschnitts
Kommt dazu, dass «creepy besser als gfürchig beschreibt, was wir gerne sagen möchten», wie es ein Jugendlicher in einem SRF-Interview einmal ausdrückte.
Daraus folgt aber nicht zwingend, dass «gfürchig» mit der jetzigen Elterngeneration ausstirbt. Denn Jugendsprache ist eine ausgesprochene Lebensabschnittssprache.
Die Pubertät ist geprägt von Selbstfindung und von Abgrenzung gegen die etablierte Gesellschaft. Das äussert sich ganz besonders in der Sprache, die kreativ, eigen und provokativ zu sein hat.
Sex eignet sich als Provokation besonders gut, weil das Thema einerseits die Pubertät prägt, andererseits gesellschaftlich immer noch tabuisiert ist. Der Kraftausdruck «Figg di» hat jedenfalls bei älteren Erwachsenen eine schweisstreibende Wirkung.
Es geht vorbei...
Nur: Dieses sprachliche Berserkertum wächst sich in aller Regel mit dem Eintritt ins Berufs- und Erwachsenenleben aus. Schon Pubertierende wissen in aller Regel sehr genau, in welcher Gesprächssituation es wieviel von ihrer aufmüpfigen Sprache erträgt.
Das zeigen sprachwissenschaftliche Untersuchungen und beweist jeder durchschnittliche Elternabend. Je stärker junge Erwachsene in die Gesellschaft und in Pflichten hineinwachsen, um so schwächer wird der sprachliche Provokations- und Abgrenzungsdrang.
Auch wenn er in der «peer group» lebendig bleibt. Einige Wörter bürgern sich vielleicht allgemein ein, wie zum Beispiel das in den 70ern und 80ern noch skandalöse «geil».
Wörter mit Ablaufdatum
Viele Jugendwörter kommen aber wieder ausser Mode und verblassen, werden von neuen Kreationen übertönt. Oder wer erinnert sich noch an «bäumig» oder «bonzig» aus den 70ern oder «tschöss» aus den 90ern, mit dem jede Art von Emotionalität unterstrichen werden konnte?
Übrig bleiben ein paar sprachliche Brosamen, die in den allgemeinen Wortschatz eingehen, etwa «cool» oder «mega». Allem Anglizismenboom zum Trotz: Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich an diesem «Generationenmechanismus» derzeit etwas grundlegend ändert.
*das sind erfundene Sätze mit realen Wörtern aus Interviews und Gesprächen. Übersetzung: «Streit mit den Kumpels ist wirklich nicht toll, mein Freund», «Sie hat zwar einen tollen Stil, aber sie ist trotzdem eine verdammte Zicke.»