Sympathisch gegen arrogant
Im Mundart-Rap spiegeln sich viele der gängigen Klischees über Deutschschweizer Dialekte. Aber genau diese Klischees geben den Rappern aus Zürich oder Basel oder Bern einen unverwechselbaren Sound.
Davon jedenfalls ist der Zürcher Sascha Rossier aka «Lügner» überzeugt: «Ich als Zürcher Rapper bin fast ein wenig eifersüchtig auf Berner Rapper, weil die eine viel rundere, ‹schmoofere› Art haben als ‹Züritütsch›, das perkussiver ist, dadurch aggressiver tönt.» Das entspricht exakt dem Stereotyp vom weichen, sympathischen Berndeutsch und vom harten, arroganten Zürcher Dialekt.
Aber die Mundarten sind nicht alleine schuld an diesen «Kantonsrap-Mundarten». Die Rapper selber befeuern die Klischees. Denn Rap hat viel mit «represente» (verkörpern) zu tun, so Rossier: «Wo du herkommst ist sehr wichtig, was ist deine Hood, wer sind deine Brudis. Drum represented man seinen Kanton, weil man sich damit auch identifiziert.» Das tönt dann etwa so:
Egal ob Baselstädter oder Baselbieter Rap / Do wird no mit Liebi grappt / Hip Hop trag ich tief im Härz.
Ungewohnte Rapsprache: Walliserdeutsch
Bei den Stars der Szene spielt das keine so grosse Rolle, meint Rossier. Natürlich hört man unfehlbar, dass Bligg ein Zürcher ist und dass Lo & Leduc Berner sind. Aber sie zelebrieren ihren Dialekt nicht.
Andere nehmen es da genauer. Stockitown aus Brig zum Beispiel auf ihrem Track «Fans da». Ihre bars (Verszeilen) sind gespickt mit Walliser Spezialausdrücken: «Für sumi bin i scho en Legändä» oder «alli Lit gäbendsch änds Gas».
Begriffe aus der Hip-Hop-Kultur
Der Freund wird zum Akhi
Aber nicht nur der Dialekt prägt die Raptexte. Umgekehrt wirkt Rapsprache auch auf die Mundart ein. Rap und Hip Hop sind zur Mainstreamkultur geworden. Die Mode hat sich den Baggie Style angeeignet, die Popmusik den HipHop-Beat.
Und in die Alltagssprache sind anstelle von «Koleeg» oder «Fründ» neue Begriffe getreten wie «Brüeder», «Brudi», «Bro», «Dude», «Homie», «Alte» oder «Moruk». Und selbst Sascha Rossier als Insider bekennt: Immer wenn man meint, das neuste Wort für «Freund» zu kennen, ist es bereits wieder veraltet. Aktuell ist derzeit «Akhi».
Auch politisch unkorrekte Beschimpfungen wie Huso (Hurensohn) oder Missge (Missgeburt) stammen aus der Rap-Szene. Überhaupt finden viele sexuell konnotierte Schimpf- und Fluchwörter der Jugendlichen ihren Weg ins Deutsche über die «explicit lyrics» amerikanischer Rapper. Und werden dabei nicht selten in die Mundart eingepasst, von der «huere Bitch» bis zu «i gib e Figg druff».
«Als wäre der Rapper ein Schlagzeuger»
Aber Raptexte sind viel mehr als die F*-Wort-Kaskaden, in denen manch braver Bürger den Untergang von Anstand und Würde erkennt. Natürlich geht es im Rap nicht ohne Coolness und Überheblichkeit, selten ohne das zelebrierte «wir gegen euch» - euch da oben, euch da draussen, euch da drüben.
Aber der richtig gute Rapper geht mit dem Beat ein Spiel ein: «Man springt um den Beat herum oder legt sich auf ihn drauf, ist synchron oder asynchron, macht Pausen, lässt aus, steigt an komischen Orten wieder ein.» Und dies sprachklangverliebt, virtuos und ja, oft auch verletzlich:
I stig i Bös u luege Mönschen a / Wele Mönsch luegt hüt im Bös none Mönsch a / Aber Läbe mues o weh tue u wes nid weh tuet de isch irgendwie nänänänä
Was ist Ihre Meinung?
Ist Rap für Sie Sprachpoesie oder Sprachverhunzung? Schreiben Sie es in die Kommentare.