Tanjas Schrankberatungen beginnen immer mit der Frage «Wer bin ich?» . Ohne zu schummeln sollen sich ihre Kund:innen überlegen, welche Umstände ihres Lebens ihre Kleidung beeinflussen, worin sie sich wohl fühlen, was wirklich zu ihnen passt. Und doch schummeln viele.
Wenn man zu viel im Schrank hat, das einem nichts bedeutet, kauft man nur zusätzliche Dinge, die einem nichts bedeuten.
Sie erzählen ihr nicht wer sie sind, sondern wer sie gerne wären . Ziehen Kleider aus dem Schrank, die sie gerne tragen würden, es aber doch nie tun. Einen geplatzten Business-Traum in Form eines Armani-Anzugs zum Beispiel. Wer sich nicht kennt riskiert Fehlkäufe , hat Mühe nachhaltig einzukaufen.
Dem Leben in der Schweiz auf der Spur – mit all seinen Widersprüchen und Fragen. Der Podcast «Input» liefert jede Woche eine Reportage zu den Themen, die Euch bewegen. Am Mittwoch um 15 Uhr als Podcast, sonntags ab 20 Uhr auf Radio SRF 3.
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Tanja schaut vom Hundehalsband zur Inneneinrichtung überall auf Ästhetik. Das war schon als Kind so. «Ich habe ein sehr gutes Verständnis davon, wer ich bin und was zu mir passt » . Minimalismus, der im Zusammenhang mit nachhaltiger Mode häufig propagiert wird, ist nichts für sie - sie sei ein Style-Chamäleon . Vielfalt und Nachhaltigkeit schliesse sich jedoch nicht aus.
Ich habe Mühe mit Ausmisten. Weil ich dann denke: Was, wenn das Kleid kein Zuhause mehr findet?
Die 31-jährige kauft heute praktisch nur noch secondhand ein, sucht manchmal wochenlang nach dem gewünschten Teil. Das steigert auch die Wertschätzung, die Beziehung zu den Kleidern, die sie heute hegt und pflegt, repariert und umfunktioniert . Das war nicht immer so.
Wer Tanja früher traf, traf immer auch ein neues Outfit. Immer standen Zuhause Säcke mit Ware rum, die sie noch nicht getragen hatte. Vielleicht falle es manchen auch deshalb noch schwer, ihr die 'neue' Tanja abzunehmen: « Das Umfeld braucht lange, bis es seine Meinung von dir ändert . Damit hatte ich zu kämpfen».
Mit 19 flog Tanja aus. Nach Brighton, wo sie bei Zara an der Kasse begann. Die Verkaufsstrategien des Konzerns faszinierten sie. Regnete es am Nachmittag wurden die Sommerblüsli ruckzuck durch Regenschirme ersetzt. Zurück in der Schweiz war sie für das Visual Merchandising der Damenabteilung von über 10 Zara-Filialen verantwortlich. Erst hier wurde ihr das Ausmass des Konsums über die ganze Industrie bewusst . Als Regionalleiterin analysierte sie täglich Zahlen, das Unternehmen wollte jeden Tag eine Steigerung. Manche Produkte verschwanden nach vier Tagen im Lager - bis zum Sale, wo sie sofort ihren ganzen Wert verloren . Der Clinch in der jungen Frau wuchs.
Mein Jobwechsel war ein Identitätswechsel. Ich hatte mich völlig in die Firma investiert, war das Zara-Vorzeigekind.
Es war der Black Friday 2017 . Die Verkaufszahlen hatten alles übertroffen, was je erreicht wurde. Alle jubelten, feierten, doch Tanja fühlte sich nur noch traurig. Niemand braucht so viele Kleider , dachte sie. Was folgte war hart, fühlte sich an wie eine Trennung . Ihr Partner, die Firma passte nicht mehr zu ihr. Nach einem radikalen Schnitt und einer Auszeit, entschied sie ihre alte Liebe zu Fashion und die neugewonnene zu Nachhaltigkeit zu kombinieren. Diesen Weg gedenkt sie nicht mehr zu verlassen.
Mehr zu Tanja und ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Kleiderschrank erfährst du jetzt im «Input».