Mit dem Schienenvelo geht es auf der stillgelegten Bahnlinie zwischen Laupen BE und Gümmenen durch eine der schönsten Landschaften der Schweiz – Natur pur, eine Prise Nostalgie und Bewegung inklusive. Zwei Personen treten, zwei dürfen mitfahren und die Aussicht ohne Anstrengung geniessen. Ein Spass der besonderen Art, wie Outdoor-Reporter Marcel Hähni findet.
Ich trete mit Erich Scheidegger in die Pedale. Er ist der Chef und Besitzer der Schienenvelos und der Gleisanlagen der stillgelegten Bahnstrecke. Rund 5 Kilometer Schienen zwischen Laupen und Gümmenen. Die Instruktionen bekomme ich somit aus erster Hand. Der letzte Direktor der Sensetalbahn AG hat die Strecke gleich selber gekauft, als sie 1993 stillgelegt wurde. Die Schienenvelos stammen aus den Vogesen in Frankreich. In Frankreich gehören Draisinen-Ausfahrten zu den beliebten Freizeitaktivitäten.
Es geht praktisch alles geradeaus, nur das letzte Stück braucht etwas mehr Muskelkraft. Denn dort geht es fast genauso steil hinauf wie am Gotthard.
Rund fünf Minuten hinter dem alten Bahnhof und gut zehn Minuten von der neuen Haltestelle in Laupen, liegt das Depot der 13 Schienenfahrzeuge. Wobei hier in Laupen nur 12 stationiert sind. Eines befindet sich als Reservefahrzeug am Endpunkt der Linie auf dem Wittenberg in der Nähe des Viadukts von Gümmenen. «Es geht praktisch alles geradeaus, nur auf dem letzten Stück braucht es mehr Muskelkraft. Denn dort geht es fast genauso steil hinauf wie am Gotthard,» meint Erich Scheidegger. Am Gotthard ist die Steigung 27 Promille, hier sind es 25 Promille.
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Bild 1 von 6. Schienenvelo. Zwei Personen treten, zwei dürfen mitfahren und die Aussicht ohne Anstrengung geniessen. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
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Bild 2 von 6. Erich Scheidegger, ehemaliger Direktor der Sensetalbahn ist Besitzer von 13 Schienenvelos und der Bahnstrecke Laupen – Gümmenen. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
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Bild 3 von 6. Der grösste Teil der rund 5 Kilometer langen Strecke ist flach. Nur am Ende der Strecke muss man kräftig in die Pedalen treten, da es hier rund 25 Promille hinauf geht. Fast so viel wie am Gotthard mit 27 Promille. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
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Bild 4 von 6. Links und rechts breiten sich Felder aus, Kühe grasen und einmal blitzt plötzlich die glitzernde Saane durch die Baumreihen. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
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Bild 5 von 6. Bis 1993 war die Strecke Gümmenen-Laupen auch Ausweichstrecke. Sogar der TGV fuhr schon auf diesen Schienen. Heute fährt hier kein Zug mehr. Vorsichtig muss man bei den Strassenübergängen sein. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
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Bild 6 von 6. Es macht Spass und entspannt. Auf dem Schienenvelo ist die Richtung vorgegeben. Das Tempo macht der Fahrer. Bildquelle: SRF/Marcel Hähni.
Für mich heisst es jetzt: In die Pedale, fertig, los! Schon nach den ersten Metern spürt man: Das ist mehr als nur ein gemütlicher Ausflug. Die Richtung ist vorgegeben, das Tempo macht der Fahrer oder die Fahrerin. Es ist ein Erlebnis für alle Sinne. Links und rechts breiten sich Felder aus, Kühe grasen und auf einmal blitzt die glitzernde Saane durch die Baumreihen.
Ich trete auch für Erich Scheidegger in die Pedale. Der kann für einmal seine Beine hängen lassen. Der ehemalige Bähnler kommt währenddessen ins Erzählen. Die stillgelegte Bahnlinie habe er aus nostalgischen Gründen gekauft, als er seine langjährige Bahnkarriere beendete und etwas Neues begann.
Nach rund 5 Kilometern erreichen wir den Endpunkt. Den Wittenberg. Hier hat Erich Scheidegger einen grossen Picknickplatz, wo er auch Outdoor-Aktivitäten anbietet. Die Schienen zum Bahnhof Gümmenen existieren nicht mehr. Die Verbindung zum einstigen Bahnknotenpunkt ist unterbrochen. Nach einer Pause geht es zurück.
Auf halber Strecke heisst es: anhalten. Von Laupen her kommen uns auf der einspurigen Strecke eine Draisine entgegen. Wir steigen ab, heben unser Gefährt von den Schienen und stossen es zur Seite. Das geht zu meinem Erstaunen zu zweit ganz einfach, obschon so ein Schienenvelo rund 110 Kilogramm wiegt. Normalerweise ist eine solche Aktion gar nicht nötig. Es gibt Abfahrtszeiten für in die eine Richtung und Abfahrtszeiten für in die andere Richtung. Ich habe mit meinem Besuch den Fahrplan durcheinandergebracht. Wir setzen unsere Draisine wieder auf die Schienen und fahren zurück zum Ausgangspunkt in Laupen.
Die Schienenvelo-Tour war für mich Bewegung, Natur und ein kleines bisschen Eisenbahnromantik. Und das nächste Mal nehme ich meine Hunde mit. Die dürfen nämlich auf den Schienenvelos auch mitfahren.