Wohnraum ist knapp, besonders für Studierende in den Städten. Gleichzeitig leben viele ältere Menschen allein in grossen Wohnungen. Das Projekt «Wohnen für Hilfe» bringt beide Seiten zusammen: Wer ein Zimmer abgibt, erhält Unterstützung im Alltag – und oft entsteht mehr als nur eine Zweckgemeinschaft.
SRF: Wer sind die Menschen, die bei «Wohnen für Hilfe» mitmachen?
Andrea Ziegler: Bei den Studierenden sind es junge Leute, die offen sind und wissen, dass man hier und da etwas arbeiten muss. Bei den Seniorinnen und Senioren handelt es sich meist um gut gebildete Menschen, die in grossen Wohnungen oder Häusern leben. Sie sind bereit, Platz zu teilen und sich auf die Jugend einzulassen.
Dabei entstehen auch Freundschaften – das freut mich besonders.
Wie finden sich die passenden Wohnpartnerinnen und Wohnpartner?
Das braucht einiges an Abklärung. Wir sprechen mit den Älteren ausführlich: Welche Vorstellungen haben sie vom Zusammenleben, wie stellen sie sich den Alltag vor? Sind sie wirklich bereit, ihre Wohnung zu teilen? Und auch die Studierenden müssen überlegen, ob sie sich auf eine Generationengemeinschaft einlassen wollen.
Die Studierenden zahlen keine Miete, sondern helfen im Alltag. Wie funktioniert das?
Die Faustregel lautet: ein Quadratmeter Wohnraum gegen eine Stunde Arbeit pro Monat. Das kann Fensterputzen sein, Einkaufen oder Rasenmähen.
Wir legen grossen Wert auf den sozialen Austausch – nicht nur auf die Arbeit.
Es kann aber auch kreativer sein: zusammen Sport machen, einen Ausflug, kulturelle Begleitung. Wichtig ist der soziale Austausch – sei es bei einem Spiel oder beim gemeinsamen Essen. Wir legen grossen Wert auf den sozialen Austausch – nicht nur auf die Arbeit.
Wie viel Zeit bedeutet das in der Praxis?
Bei einem Zimmer von 12 bis 16 Quadratmetern sind das rund drei bis vier Stunden pro Woche. Was genau gemacht wird, legen die Beteiligten gemeinsam fest. Entscheidend ist, dass beide Seiten ein gutes Gefühl haben.
Wie lange dauern solche Wohnpartnerschaften?
Oft etwa ein Jahr, viele bleiben während der ganzen Bachelorausbildung. Manche Studierende leben vier, fünf Jahre bei einer Seniorin. Dabei entstehen auch Freundschaften – das freut mich besonders, wenn das Matching so gut passt.
Wo liegt das Konfliktpotenzial?
Wenn Erwartungen nicht klar sind. Manche Ältere wünschen sich mehr Hilfe, als vereinbart wurde. Oder Studierende unterschätzen, dass sie tatsächlich auch etwas leisten müssen. Es ist wichtig, dass beide wissen: Es geht nicht darum, dass die Studierenden ständig verfügbar sind, sondern dass ein ausgewogenes Miteinander entsteht.
Momentan gibt es im Kanton Zürich rund 30 Wohnpartnerschaften. Das ist wenig angesichts des grossen Bedarfs.
Ja, es ist ein Nischenangebot. Wir können damit nicht die Wohnungsnot oder die Einsamkeit in der Stadt beseitigen. Aber es ist ein starkes Zeichen: Menschen wagen neue Wohnformen und suchen kreative Lösungen für die Frage, wie wir im Alter wohnen wollen.
Das Gespräch führte Sven Epiney.