Mit dem Internet ist die Pornografie mitten in der Gesellschaft angekommen. Mehr als 80 Prozent der Jugendlichen geben an, ihre ersten sexuellen Erfahrungen online gesammelt zu haben. Eine andere Studie besagt, dass ein Drittel aller Männer und Frauen sich ein Sexleben wie im Porno wünscht. Dass Pornografie überall verfügbar ist, beeinflusst also auch die Sexualität von Erwachsenen.
Ist Pornografie schädlich? Im Studio diskutierten mit Hörerinnen und Hörern:
- Bruno Wermuth , Sexualpädagoge
- Klaus Heer , Paartherapeut
- Valerie Thurner , Filmwissenschaftlerin
Pornografie raubt Männern den erotischen Zauber
Die gravierendsten Schäden richte die Pornoflut in den Männerschädeln an, sagt der Paartherapeut Klaus Heer. Sie versimple und verdrehe die männliche Sexualität. Sie klaue dem Mann den erotischen Zauber. Das führe zu Konflikten in der Beziehung.
Was geschieht, wenn der Pornokonsum zur Sucht wird, schildert Peter F. aus Schönbühl (BE) in seinem Online-Kommentar. «Ich verbrachte eine bis mehrere Stunden täglich am PC bei Pornos.» Er habe den Orgasmus hinausgezögert, um länger Pornos schauen zu können. «Ich begann zu berechnen, wie oft und wie lange ich das machen kann, damit die Energie alle paar Tage für Sex mit meiner Frau reichte.»
Ich verbrachte eine bis mehrere Stunden täglich am PC bei Pornos.
Pornofilme als Inspiration
Andere wiederum sind gemässigte Pornokonsumenten. Eine gewisse «Liebende Ehefrau» aus «Bettikon» schaut ab und zu gerne mit ihrem Mann einen Sexfilm. Als Inspiration, wie sie sagt: «Beim gemeinsamen Porno-Schauen entstehen gute Gespräche über Fantasien und darüber, was Mann oder Frau gerne hat.»
Beim gemeinsamen Porno-Schauen entstehen gute Gespräche über das, was Mann oder Frau gerne hat.
Dass sich Pornos für die Beziehungspflege eignen, bezweifelt allerdings Paartherapeut Klaus Heer: In Pornofilmen fehle die Intimität. Es seien fremde Menschen, die nichts mit einem zu tun hätten.
Die pornografische Vielfalt
Valerie Thurner ist Filmwissenschaftlerin. Als Mitorganisatorin der «Porny Days» unterstreicht sie die Vielfalt von Pornofilmen. Es gebe auch gute Formen der Pornografie. Nicht alle Sexfilme würden auf Gewalt und Erniedrigung basieren.
Einfach zu finden seien diese anspruchsvolleren Filme allerdings nicht. Das Porno-Filmfestival schafft deshalb Abhilfe und zeigt Sexualität in ihrer Vielfalt und Schönheit. Die Organisatoren wollen damit etwas zu einem entspannten Umgang mit Sexualität und Pornografie in der Gesellschaft beitragen.
Pornografie stillt Neugier
Für einen gelassenen Umgang mit legaler Pornografie plädiert auch der Sexualpädagoge Bruno Wermuth. Pornografie sei eine gesellschaftliche Realität und durchaus notwendig. Sie stille zum Beispiel die Neugier bei Jugendlichen und beantworte Fragen zu sexuellen Praktiken.
Schadet Pornografie der Jugend?
Was die Jugend angeht, so sind einige Hörerinnen und Hörer aber durchaus besorgt. Doris Schneider aus Roggwil (BE) schreibt: «Ich bin Lehrerin an der Oberstufe und weiss nicht, wie ich damit umgehen kann, dass bereits 12-jährige Kinder mit Pornografie konfrontiert werden.» Meistens wüssten die Eltern nichts davon. «Wie sollen wir damit umgehen?»
Sexualpädagoge Bruno Wermuth rät, keine falschen Ängste zu schüren. Ausserdem sei es wichtig, Jugendlichen aufzuzeigen, dass es verschiedene Arten von Sexualität gebe. So könnten Jugendliche ihre eigenen Bilder entwickeln, die sich von denen der Pornoindustrie unterscheiden.
Legale und illegale Pornografie
In der öffentlichen Diskussion wird Pornografie oft im Zusammenhang mit Verbrechen diskutiert: Menschenhandel, Zwangsprostitution, Kinderpornografie, sexueller Missbrauch. Tatsächlich hat diese Industrie viele tragische Schattenseiten. Unschuldige werden zu Opfern einer anonymen sexuellen Gier.
Pornografie ist aber mehr: Die legale Pornografie ist längst Teil des heutigen Lebens. Wer früher einen Sexfilm ausleihen wollte, lief mit rotem Gesicht in eine Videothek. Heute ist das anders: Pornografie ist anonym von zuhause aus abrufbar und mit dem Internet für alle zugänglich. Jeder Computer, jedes Tablet oder jedes Smartphone sind potentielle Abspielgeräte.