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Doku-Drama «Es geschah am...» So entstand die neue SRF-Sendung «Geisterzug von Spiez»

Ein Unglück zu recherchieren erfordert viel Feingefühl und Genauigkeit. TV-Produzent Rolf Elsener hat das Zugunglück von Spiez mit seinem Team aufgearbeitet. Podcast-Produzentin Beatrice Gmünder befragt Rolf Elsener zu seiner Arbeit im TV-Doku-Drama «Es geschah am… der Geisterzug von Spiez».

Eine Geschichte wie aus einem Horrorfilm, aber sie ist wahr: Ein Zug der BLS rattert durch die finstere Nacht, die Bremsen funktionieren nicht, es geht nur noch bergab. Wenige Minuten bleiben zu entscheiden, wie der Zug gestoppt werden kann. Es kommt zu einem wuchtigen Aufprall – drei Menschen hatten von Anfang keine Chance und verlieren ihr Leben.

Der neue SRF Podcast zur TV-Produktion «Es geschah am…» erzählt diese wahre Geschichte, die sich vor 13 Jahren im Berner Oberland ereignete, aus Sicht der Betroffenen.

Video
Der Geisterzug von Spiez
Aus Es geschah am... vom 07.09.2019.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 1 Minute 46 Sekunden.

Rolf Elsener, für den Dokumentarfilm «Es geschah am…der Geisterzug von Spiez» habt ihr den Originalzug zusammengestellt und die Fahrt von Frutigen her nachgestellt. Wie seid ihr vorgegangen?

Als wir mit dem Projekt starteten, suchten wir als erstes den Kontakt mit der Bahngesellschaft BLS und erklärten die Idee des Dokumentarfilms. Das BLS-Team reagierte sehr wohlwollend. Das sei auch für sie eine Chance, Transparenz in ihrer Unternehmensgeschichte zu schaffen. Sie halfen uns dann auch, die Zugkomposition zu organisieren. Weiter sperrten sie für eine Nacht die Strecke, damit wir drehen konnten. Im April waren wir dann mit drei TV-Equipen eine Nacht lang unterwegs, alles war genau getaktet.

Was war dabei die grösste Herausforderung?

Es war logistisch sehr schwierig. Der reguläre Güterverkehr auf den Geleisen musste gewährleistet sein. Das heisst, wir mussten immer wieder Rücksprache halten mit der Fahrdienstleitung. Die gab dann jeweils wieder Teilabschnitte für uns und unseren Dreh frei. Das setzte eine gute Planung gemeinsam mit der BLS voraus.

Das Logistische ist das eine, der Kontakt zu den Betroffenen das andere. Wie einfach war das?

Dieser Kontakt war uns besonders wichtig und diesen haben wir auch als erstes gesucht. Die Namen der Angehörigen waren ja auch öffentlich und sie haben sehr unterschiedlich reagiert. Die Tochter des älteren Lokführers sagte sofort zu und stand auch für ein Interview zur Verfügung, was sehr eindrücklich war. Die Familie des anderen Lokführers akzeptierte zwar, dass es ein Dokumentarfilm geben wird, sie wollten aber nicht darin vorkommen. Bei der dritten Familie war es schwieriger. Es war jene des deutschen Bauarbeiters, der sich auch auf dem Geisterzug befand und ebenfalls starb. Wir haben dort via Mittelsleute unsere Adresse und Telefonnummer deponiert. Sie wünschten aber keinen Kontakt.

Im Film wie auch im Podcast treten die Fahrdienstleiter erstmals öffentlich auf. Gesehen und mit Namen wollten sie aber nicht erscheinen, sie werden von Schauspielern nachgespielt. Warum?

Da spielt auch Angst eine Rolle. Ihr ausdrücklichster Wunsch war es, weder mit Gesicht noch mit Namen vorzukommen. Sie verwiesen auf ein Flugunglück in Überlingen, nachdem der Fluglotse umgebracht wurde. Dass es so enden könnte, haben sie zwar keine Angst. Aber trotzdem haben sie das Gefühl, die Angehörigen könnten noch immer die Meinung haben, dass sie Mitschuld hätten an diesem Unglück. Auch wenn der Untersuchungsbericht zum gegenteiligen Schluss kommt.

Wie prägend war der Unfall für die Region?

Ich glaube, das darf man nicht unterschätzen. Es ist ja eine kleinräumige Region. Die BLS ist im Berner Oberland und dem Wallis eine bedeutende Arbeitgeberin. Ich glaube jede und jeder kennt jemanden, der oder die dort arbeitet. Und als ich mit der Recherche zu diesem Dokumentarfilm startete, war ich schon überrascht, wie nahe dieses Unglück den Menschen noch geht, obwohl es bereits 13 Jahre seither ist.

Blieb ein Trauma zurück?

Bei einigen der 11 Bauarbeitern, die nur noch wenig Zeit hatten, sich vor dem Geisterzug in Sicherheit zu bringen, sicher. Einige holten sich psychologische Hilfe, um nach dem Unglück wieder Tritt zu fassen. Andere haben auch jetzt, über zehn Jahre später vor laufender Kamera geweint.

Welche Fragen bleiben offen?

Es sind zwei. Weshalb wurde die Bremskontrolle nicht korrekt durchgeführt. Beide Lokführer waren bekannt für sehr genaue, gar penibel genaue Mitarbeiter. Waren sie gestresst? Müde? Sie nahmen die Antwort mit ins Grab. Die andere Frage, die ich mir persönlich stelle, ist die Zeit, bis die Bauarbeiter an den Geleisen gewarnt wurden. Sie konnten noch knapp vor dem heranrasenden Zug flüchten. Waren sich alle Beteiligten bewusst, dass diese Zeit so knapp war oder war auch einfach Glück dabei, dass nicht noch ein grösseres Unglück geschah?

Das Gespräch führte Beatrice Gmünder.

Hier können Sie den Podcast «Geisterzug von Spiez» auch hören:

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