Kennen Sie das Problem? Sie sind irgendwo in der Natur am Wandern und dann drückt es ganz fest. Doch weit und breit ist keine Beiz. Keine Toilette. Was also tun? Hinter einen Baum? Und: Was dann?
Was das Verrichten der Notdurft in der Natur angeht, gibt es viel Unwissen. «Wir kommen auf einen Gipfel und sehen, dass andere Leute die schöne Natur als Toilette benutzt haben. Das will niemand», sagt Lucie Wiget. «Wir sollten keine Spuren hinterlassen.» Wiget ist Fachspezialistin für naturverträglichen Bergsport beim Schweizer Alpen-Club SAC. Dieser hat zusammen mit den Schweizer Wanderwegen die Sensibilisierungskampagne «#scheissmoment» lanciert.
Das Papier ist das Problem
Die menschlichen Fäkalien an sich seien nicht das Problem. Diese sollten einfach vergraben werden. Schädlich für Auge und Natur sei das Papier, so Wiget: «Papier braucht bis zu fünf Jahre, bis es sich in den Alpen zersetzt.» Noch schlimmer seien Feuchttücher. Sie gehören nicht liegengelassen.
Eine Aussage, die auf Anfrage auch die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft bestätigt. Zersetzungsraten in der alpinen Zone sind extrem langsam. Da gebe es Studien dazu. Auch nach zwei Jahren seien diverse Produkte noch weitgehend unzersetzt. Vergraben beschleunige den Prozess kaum.
Der Umgang der Tourismusregionen
Doch wie verbreitet ist das Problem? Es gebe keine aktuelle Studie zum Thema, so der SAC. Aber es sei der Start der Wandersaison. Immer mehr Personen tummelten sich in den Bergen. Insbesondere an Hotspots, die durch Social Media gehypt werden. Diese würden überrannt. Und zwar von Besuchern, die sonst nicht in den Bergen seien.
Wir finden nicht nur Ausscheidungen, sondern auch Binden und Windeln.
Fridolin Hösli ist froh, wird darauf aufmerksam gemacht. Er ist Geschäftsführer bei Visit Glarnerland, der Tourismusorganisation des Kantons Glarus. «Besonders an den Bergseen, wo wild campiert wird, finden wir diverse Hinterlassenschaften, die nicht in die Natur gehören. Nicht nur menschliche Ausscheidungen, leider auch Windeln und Binden.» Für die Besucher nicht schön, für die Gemeinden ein Mehraufwand.
An Orten, wo wir viele menschliche Häufchen entdeckten, stehen heute Öko-WCs.
Auch der Alpstein ist ein beliebtes Wanderziel. In der Coronazeit habe es viele Meldungen von Landbesitzern gegeben. Da habe man reagiert, erzählt Wegmacher Patric Hautle: «An Orten, wo viele Häufchen gemeldet wurden, haben wir Öko-WCs aufgestellt. So konnten wir die Leute animieren, ihr Geschäft dort zu verrichten.» Die hohe Zahl an Besuchern sei aber vielleicht ein Vorteil, was das Thema anbelangt. «Da traut sich niemand, direkt an den Wegrand zu machen.»
Und wenn es kein WC hat?
Bleiben wir aber realistisch. Überall in der Natur wird es nie Toiletten geben. Darum: Was rät der SAC für den Notfall?
«Suchen Sie ein stilles Örtchen abseits des Weges. Dieses sollte wegen der Verschmutzungsgefahr mindestens 50 Meter von Gewässern entfernt sein», erklärt Fachspezialistin Wiget. Und dann? «Graben Sie ein Loch. Oder heben Sie einen Stein. Machen Sie ihr Geschäft. Verdecken Sie es mit Erde oder Steinen. Und ganz wichtig: Stecken Sie das gebrauchte Toilettenpapier in ein Säckchen und nehmen Sie dieses wieder runter ins Tal.»
Oder noch besser: «Planen Sie Ihren Ausflug. Informieren Sie sich schon vor der Wanderung, wo es im Gebiet Restaurants oder Seilbahnstationen mit Toiletten gibt.» So lassen sich solche «Scheissmomente» verhindern.