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Zwischen den Fronten vermitteln: Mediatoren im Aufschwung
Aus Doppelpunkt vom 27.08.2019. Bild: Schweizerischer Dachverband Mediation
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Zwischen den Fronten Mediatoren im Aufschwung

Rund 15% der Nachbarschaftskonflikte landen vor Gericht. Die wenigsten können dort wirklich geklärt werden. Oft geht es nicht nur um die exakte Reglung der Heckenhöhe, sondern um Zwischenmenschliches. Darum kann es Sinn machen, vom Angebot der Mediation Gebrauch zu machen. Auch in anderen Bereichen.

Der Rechtsweg ist manchmal unbedingt nötig. Bei Straftaten oder bei Streitereien, die nur rechtliche Aspekte betreffen. Bei vielen auch scheinbar unlösbaren Konflikten könnte aber auf eine Mediation umgeschwenkt werden. Vorausgesetzt die Konfliktparteien sind bereit, konstruktiv Gespräche zu führen.

Mit Hilfe einer neutralen Drittperson müssen die Streithähne nämlich selbst und freiwillig zur Lösung kommen, mit denen sie nachhaltig leben können. Um Gewinner oder Verlierer geht es hier nicht.

Mediatoren machen keine Lösungsvorschläge, sondern unterstützen die Menschen eigene zu finden – der grosse Unterschied zum Richter.
Autor: Andrea Staubli Präsidentin Dachverband Mediation und ehemalige Gerichtspräsidentin

Das Einsatzfeld der Mediationen ist breit: An Schulen, in Nachbarschaftskonflikten, bei Bauverfahren oder in der Wirtschaft zum Beispiel. Normalerweise erfolgt die Mediation freiwillig und kann jederzeit abgebrochen werden. Bei Trennungen oder Scheidungen, wo das Kindeswohl gefährdet ist, wird sie auch angeordnet. Die Parteien übernehmen die Kosten selbst. Im Vergleich zu Gerichtskosten, die sich über mehrere Instanzen weiterziehen können, fällt sie aber häufig günstig aus – und ist oft nachhaltiger.

Fallbeispiel: Hofkonflikt

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Viele Konflikte entstehen nicht nur in dicht besiedelten Gebieten, sondern zwischen den Generationen – oft auf dem Land. Ein typisches Bespiel: Ein junger Bauer übernimmt den Hof, seine Frau entschliesst sich jedoch extern zu arbeiten. Bei den ebenfalls auf dem Hof lebenden Eltern trifft das auf Unverständnis. Man spricht immer weniger miteinander, macht sich das Leben auf engem Raum langsam aber sicher zur Hölle.

Für Mediatorin Franziska Feller ein klassischer Konfliktfall, bei welchem häufig die jungen Bauern Hilfe suchen. Zuerst müssen die Konfliktparteien wieder lernen einander zuzuhören. Sobald sie merken, dass es bei der Mediation nicht um Psychotherapie, sondern um konkrete Abmachungen und Lösungen geht, sind sie häufig bereit sich darauf einzulassen.

Konkrete Abmachungen können die Aufteilung des Gartens sein, die Benutzung unterschiedlicher Hauseingänge oder auch ein wöchentlicher Kaffeetermin, an welchem Probleme frühzeitiger angesprochen werden. Eine Lösung kann auch die Einsicht sein, dass ein Miteinander nicht mehr möglich ist.

Die Mediation als Alternative zur Konfliktreglung kam in den 90er-Jahren auf. Bald wurde das methodologische Grundgerüst dazu erarbeitet. Heute gibt es 17 Ausbildungsinstitute und 1300 registrierte MediatorInnen in der Schweiz.

Um als Mediatorin arbeiten zu können, braucht es Empathie, Offenheit und die Bereitschaft auch Lösungen zu unterstützen, die einem nicht passen.
Autor: Franziska Feller Mediatorin

Viele absolvieren die Ausbildung auch, um persönlich weiterzukommen: Im eigenen Arbeitsfeld, in der Familie oder im täglichen Umgang mit Menschen, sagt Andrea Staubli, Präsidentin des Dachverbandes für Mediation. Denn Konflikte warten überall, wo Menschen mit unterschiedlichen Meinungen aufeinandertreffen.

Wann lohnt sich eine Mediation?

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Hier kann sich eine Mediation eignen:

  • Die Parteien sind bereit, miteinander an den Tisch zu sitzen.
  • Ein Urteil löst den Konflikt nicht.
  • Man ist an einer schnellen Einigung interessiert.
  • Zwischen den Parteien besteht eine längerfristige Beziehung (Verwandtschaft, Nachbarschaft, Geschäftsbeziehung)

Hier eher nicht:

  • Das Machgefälle zwischen den Parteien ist zu gross.
  • Es geht um Grundsatzfragen oder Wertfragen.
  • Es geht einzig und allein um Rechtsfragen.

Geht es nur darum Recht zu haben, ist eine Mediation die falsche Lösung. Dann bleibt nichts anderes als der Gang vor Gericht.

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