Während andere Kinder im Sandkasten spielten, hörte Rolf Schlebach als Kind das Brummen der Schiffsmotoren und sah die Wellen.
Seine frühe Kindheit verbrachte der Sohn von zweier Schiffsleute auf einem Rheinschiff zwischen Rotterdam, Basel und vielen anderen Orten.
Aufwachsen auf dem Rheinschiff
Rolf Schlebach ist ein Schifferkind. Also ein Kind von Eltern, die von der Schifffahrt und damit auch auf dem Schiff arbeiteten und lebten. «Bis ich 7 Jahre alt war, hing ich immer am Rockzipfel meiner Mutter», erzählt er. Eine prägende Erinnerung für ihn an diese Zeit: «Als mir meine Mutter einen Zuber aufs Achterdeck stellte und ich darin baden und mit Spielzeugschiffen spielen konnte.»
Dann wurde Rolf Schlebach 7 Jahre alt und somit schulpflichtig in der Schweiz. Der Arbeitsort der Eltern blieb trotz Einschulung ihres Kindes aber derselbe. Damit änderte sich für den Buben alles: Er kam ins Schifferkinderheim.
Vom Rheinschiff ins Schifferkinderheim
Wohnen auf dem Schiff war damals Lohnbestandteil für die Menschen und Familien. Wie für seine Eltern auch. Eine Wohnung an Land konnten sie sich nicht leisten.
Ich bin stolz, ein Schifferkind gewesen zu sein.
Die Reederei, in der Schlebachs Eltern tätig waren, hatte über hundert Schiffe in ihrer Flotte. Darunter befanden sich viele Familien mit Kindern, weshalb es in Basel ein Schifferkinderheim gab – wie an vielen anderen Orten entlang des Rheins auch.
«Ich bin stolz, ein Schifferkind gewesen zu sein», sagt Rolf Schlebach. Doch für diesen Stolz zahlte er damals einen hohen Preis. «Die Verabschiedung der Eltern mit sieben Jahren war schmerzhaft.» Eine Vorbereitung darauf, wie es sein würde ohne die Eltern, gab es für ihn nicht. Er sah seine Eltern bis zu acht Wochen am Stück nicht.
Ich konnte nicht schwimmen – auf dem Schiff lernt man nicht schwimmen, man lernt, nicht ins Wasser zu fallen.
Kontakt hatten die Schifferkinder mit ihren Eltern damals in der Regel auch nicht. Smartphones waren noch nicht erfunden und bei weitem nicht alle Rheinschiffe waren mit einem Funkgerät ausgestattet.
Ein Virus, den er nie wieder losgeworden ist
Im Schifferkinderheim lebten zusammen mit Schlebach noch 60 weitere Kinder. Alle besuchten die öffentlichen Schulen. «Wir waren dort wohlbehütet», sagt der heutige Präsident des Hafenmuseums.
Doch die Angewöhnung an viele andere Kinder war nicht leicht. Das Aufwachsen auf einem Schiff brachte ihm auch Nachteile: «Ich konnte nicht schwimmen – auf dem Schiff lernt man nicht schwimmen, man lernt, nicht ins Wasser zu fallen», sagt Schlebach und lacht. Beruflich fand er langfristig nicht den Weg auf das Schiff, doch er blieb dem Rhein treu. «Die Schifffahrt ist wie ein Virus, den du nie wieder loswirst.»
Heute ist er stolzer Besitzer der «Jupiter». Sie ist kein klassisches privates Motorboot, sondern ein 112-Jahre altes Schleppboot, das auch als Schulboot in den Basler Rheinhäfen dient.
Für Schlebach ist dieses Boot wie für andere ein Campermobil: In den Ferien schifft er damit den Rhein zusammen mit seiner Ehefrau regelmässig hoch und runter. «Sobald ich einen Fuss auf dieses Schiff setze, sind alle Sorgen weg», sagt er strahlend.
Das Schifferkind, das Trommeln baute
Beruflich sorgte Schlebach für viel Wirbel in Basel. Denn er war Trommelbauer und in seiner Gilde kein Unbekannter.
Der Leiter des Schifferkinderheims war Herr Escher und er war es auch, der Rolf Schlebach die ersten «Wirbel» beibrachte und das Feuer für die Trommlerei entfachte. Aus einem kleinkindlichen Interesse wurde schliesslich ein ausgewachsener Beruf.