Es ist ein warmer Donnerstagabend, kurz nach sechs Uhr. Jean-Pierre Kress, 58, trifft sich mit einem Freund zum Schwimmen im Rhein bei Basel. Sie steigen beim Tinguely-Museum ins Wasser – ein beliebter Badeort und Startpunkt für viele Rheinschwimmerinnen und -schwimmer.
Der Basler ist mit dem Wickelfisch unterwegs – dem typischen Schwimmbeutel, den viele in der Stadt nutzen. «Wir schwammen gemütlich rheinabwärts, ich im Rückenschwumm», erzählt er. Dabei merkt er nicht, wie weit er vom Ufer abgetrieben wird.
Zuerst dachte ich, ich komme da raus – dann dachte ich, das wars.
Dann geht alles schnell: «Plötzlich hat es mich herumgewirbelt und ich habe realisiert, dass ich festhänge.» Das Band seines Wickelfischs hat sich an einer Boje verfangen. Kress kann sich nicht mehr befreien.
«Ich habe richtig Angst bekommen. Zuerst dachte ich noch, ich komme da raus. Dann kam der Moment, wo ich dachte: Hier komme ich nicht mehr lebendig raus.»
Zwei Unbekannte retten ihn
Kress ruft um Hilfe. Passanten alarmieren die Rettung, andere Schwimmer versuchen zu helfen – doch die Strömung ist zu stark. Dann spürt er plötzlich einen Arm. «Jemand hat mich hochgezogen und sehr ruhig auf mich eingeredet. Ich solle atmen, ruhig bleiben, den Kopf über Wasser halten. Er sagte: Du gehst nicht unter, ich halte dich fest.»
Als mir der Feuerwehrmann zum zweiten Geburtstag gratulierte, wurde mir klar, wie knapp es war.
Zusammen mit einer zweiten Person gelingt es dem Retter, Kress zu befreien. Mit letzter Kraft schwimmt er ans Ufer. Dort wartet bereits die Feuerwehr. «Ein Feuerwehrmann hat mir zu meinem zweiten Geburtstag gratuliert», sagt Kress. «Da habe ich realisiert, was da genau passiert ist.» Von den beiden Rettern fehle lange jede Spur.
Immer wieder gefährliche Zwischenfälle
Der Sprung in den Rhein gehört mittlerweile zum Sommer in Basel wie das Glacé zur Promenade. Das Schwimmen im Fluss ist längst zur touristischen Attraktion geworden – beworben von Stadtmarketing und Tourismusbüros. Doch bei aller Beliebtheit: Der Rhein bleibt ein wildes Gewässer. Strömungen, Schifffahrt und Hindernisse unter Wasser machen das Vergnügen schnell zur Gefahr.
Kress’ Geschichte ist kein Einzelfall. Immer wieder muss die Rheinpolizei ausrücken, um Schwimmerinnen und Schwimmer zu retten. «Allein im letzten Jahr waren es rund 30 Einsätze», sagt Stefan Schmitt, Mediensprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt. Für das laufende Jahr liegen noch keine Zahlen vor.
Der Rhein ist keine Badeanstalt. Er ist ein wildes Gewässer voller Gefahren.
Besonders gefährlich werde es, wenn sich Menschen ihre Schwimmsäcke in fliessenden Gewässern wie dem Rhein am Körper festbinden oder von Brücken springen. «Der Rhein ist keine Badeanstalt», warnt Schmitt. «Er ist ein wildes Gewässer voller Gefahren.»
Auch Jean-Pierre Kress ist sich dessen heute schmerzlich bewusst: «Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit kann richtig gefährlich werden.» Er suchte lange nach seinen beiden Rettern. «Ich weiss, dass sie mir das Leben gerettet haben – und ich würde mich gern bei ihnen bedanken.»
Einer der Retter ist durch die Berichte von SRF aufmerksam geworden und konnte Jean-Pierre Kress kontaktieren.