Wer im Restaurant ein Mineralwasser ordert, wird bestenfalls gefragt: «Mit oder ohne Kohlensäure?» Schade, sagt Werner Koch, Leiter des Zürcher Alterszentrums Stampfenbach und einer der ersten acht in der Schweiz ausgebildeten Mineralwasser-Sommeliers. Denn Mineralwasser sei eben nicht gleich Mineralwasser.
Sehr unterschiedlich im Geschmack
Die mineraliserten Wässerchen können je nach Gestein, durch das sie gesickert sind, und je nach Zeit, die dabei vergeht, sehr unterschiedlich schmecken: mal eher süss, mal eher sauer, dann wieder eher salzig oder eher bitter. Kommt hinzu, sagt der Mineralswasser-Sommelier, dass Mineralwasser auch unterschiedlich stark mineralisiert ist, und dementsprechend einen intensiveren oder weniger intensiven Eigengeschmack hat. Verantwortlich für diesen Eigengeschmack sind die Mineralstoffe, vor allem die Hauptmineralstoffe Calcium, Hydrogenkarbonat, Magnesium und Natrium, die unter anderem gut für Knochen und Muskeln sind.
Die Mineralisationsgehalt eines Mineralwassers ist übrigens immer auf der Flasche vermerkt. Liegt der Gesamtmineralisations-Gehalt bei über 1800 mg/L gilt, dass das Mineralwasser als eher stark mineralisiert.
Nicht jedes Mineralwasser passt zu jedem Essen
Eigentlich logisch, dass bei solch unterschiedlichen Wassern, der Wahl des Mineralwassers beim Essen mehr Beachtung geschenkt werden müsste. Denn nicht jedes Mineralwasser passe zu jedem Essen oder jedem Wein, sagt Mineralwasser-Sommelier Werner Koch. Es gebe sogar Mineralwasser, die so schlecht zum gewählten Wein passen, dass einem selbst der Lieblingswein plötzlich gar nicht mehr schmecke.
Keine gute Kombination: Schwerer Rotwein und viel Kohlesäure und Mineralstoffe im Mineralwasser
Zum Essen und insbesondere zu einem schweren Rotwein von guter Qualität, empfiehlt Werner Koch ein eher leicht mineralisiertes Mineralwasser am besten ohne oder mit wenig Kohlensäure. Leicht mineralisiertes Mineralwasser lasse sich einfacher mit Wein kombinieren, weil es weniger Eigengeschmack habe und man nicht Gefahr laufe, dass sich Wasser und Wein geschmacklich konkurrieren.
Leicht mineralisiertes Mineralwasser ohne Kohlensäure eignet sich zudem gut als Begleitung zum Essen, weil es neutralisierend auf die Geschmacksknospen wirkt und ähnlich wie beim Wein, die Speisen geschmacklich nicht konkurriert.
Zu sehr fettem Essen (Pizza, Schweinebraten etc.) kombiniert der Mineralwasser-Sommelier hingegen gerne ein eher stark mineralisiertes Mineralwasser mit einem hohen Gehalt an Hydrogenkarbonat. Dieses helfe beim Verdauen.
Zum Dessert immer Mineralwasser ohne Kohlesäure
Als Begleitung zum Nachtisch (Süssspeise oder Käse) schlägt der Mineralwasser-Sommelier Werner Koch ebenfalls ein leicht mineralisiertes Mineralwasser ohne Kohlensäure vor. Kohlensäure «beisse» sich vor allem mit dem Käse. Da sei einfach zu viel Säure im Spiel, sagt er, und rät entschieden von der Kombination von kohlesäurehaltigem Mineralwasser und Käse ab.
Wer beim Nachtisch grossen Durst und dementsprechend Lust auf ein stark kohlesäurehaltiges Mineralwasser habe, dem empfiehlt der Mineralwasser-Sommelier damit bis zum Ende des Nachtischs zuzuwarten und erst dann kohlesäurehaltiges Wasser gegen den Durst zu bestellen.
Ebenfalls nicht zu empfehlen ist die Kombination von Schaumweinen aller Art mit stark kohlesäurehaltigem Mineralwasser. Solches, empfiehlt Werner Koch lediglich in Kombination mit Weisswein oder als Begleitung zu einem Essen, bei dem kein Alkohol getrunken wird.
Alkoholkonsum ist rückläufig
Übrigens: Wer zum Essen Mineralwasser oder sonst ein alkoholfreies Getränk trinkt, liegt total im Trend. Die Zahlen der unabhängigen Stiftung «Sucht Schweiz», zeigen für die letzten Jahre einen kontinuierlich rückläufigen Alkoholkonsum: 1975 wurden in der Schweiz im Schnitt noch 11 l Alkohol pro Kopf getrunken wurde, heute sind es mit durchschnittlich 7.8 l pro Kopf und es werden pro Jahr deutlich weniger.
Tee und Saft statt Wein zum Sternemenü
Die Spitzengastronomie reagiert auf die neue Lust zu alkoholfreien Getränken. Immer häufiger werden dort, so wie dies in der «New Nordic Cuisine» schon seit Jahren gang und gäbe ist, anstelle der klassischen Weinbegleitung Getränke ohne Alkohol angeboten.
Dieses Angebot, sagt Christine Schäfer, Trendforscherin mit Schwerpunkte Food, Konsum und Handel beim Gottlieb Duttweiler Institut, spreche vor allem eine jüngere und sehr gesundheits- und körperbewusste Klientel an. Auch Social Media, beziehungsweise die Tatsache, dass wir heute permanent im Visier von Smart-Phone Kameras sind, könnte damit zusammenhängen, dass das Glas Wein heute nicht mehr zwingend zu einem feinen Essen gehört, sagt Christine Schäfer. Niemand wolle nach einem Glas zu viel gefilmt werden und dann am Tag danach den Kontrollverlust auf Video gebannt im Internet wiederfinden.
Neue Lust auf Getränke ohne Alkohol
Dass insbesondere jüngere Menschen aus Lifestyle-Gründen beim Essen vermehrt auf die traditionelle Weinbegleitung verzichten, bestätigt auch Amanda Wassmer-Bulgin, Weindirektorin im Grandhotel Quellenhof in Bad Ragaz. Sie reagiert auf die neue Lust ihrer Kundschaft auf Nicht-Alkoholische Getränke mit einem sorgfältig ausgewählten Angebot an Oolong-Tees, Kombuchas, Shrubs, Säften von Wildfrüchten oder auch lactofermentierten Getränken.
Diese, sagt Amanda Wassmer-Bulgin, würden dann genau so akkurat auf die einzelnen Komponenten einer Menüfolge abgestimmt, wie sie dies bei einer klassischen Weinbegleitung auch tun würden. Sie schaue bei jedem Gang erst einmal auf die Hauptmoleküle der Zutaten, sagt die Weindirektorin des Grand Hotels Quellenhof, und überlege sich dann, in welchen Getränke-Zutaten passende Moleküle vorkommen. Zur buttrigen Popkorn-Aromatik des Saiblings an Buttersauce passende Moleküle, sagt Amanda Wassmer-Bulgin, finde man zum Beispiel in Milchprodukten, Quitten oder Vanille. Zutaten aus denen im Grandhotel Quellenhof dann das zum Fischgang passende Getränk kreiert werde.
Lust, Ihr eigenes alkoholfreies Getränk herzustellen?
Und wenn Sie jetzt Lust haben, Ihr eigenes alkoholfreies Getränk herzustellen, probieren Sie den Himbeer-Shrub von SRF 1-Foodredaktorin Maja Brunner. Das mit Essig gesäuerte Fruchtgetränk hat in den USA eine lange Tradition und schmeckt herrlich erfrischend. Hier geht's zum Rezept.