Jungbürgerfeiern in der Schweiz sind ein Ritual und gleichzeitig eine alte Tradition. Die 18-jährigen Schweizerinnen und Schweizer werden feierlich in den Kreis der Stimm- und Wahlberechtigten aufgenommen sowie über ihre Rechte, Pflichten und Möglichkeiten, in der Gemeinde mitzuwirken, informiert. Die Feier ist auch ein Wink mit dem Zaunpfahl: Sie soll junge Menschen dazu bewegen, politisch aktiv zu sein; als Stimmbürger oder als Trägerin eines politischen Amtes.
Die Feier findet aber im Allgemeinen je länger, desto weniger Anklang. Eine Beteiligung von 10 bis 15 Prozent ist eher der Durchschnitt als die Ausnahme. Die Gemeinden reagieren ganz unterschiedlich darauf: die einen suchen neue Ideen, wie sie die Feier für die jungen Menschen attraktiver machen können, andere legen die Feier mit der anderer Gemeinden zusammen. Wieder andere feiern nur alle zwei Jahre, und wieder andere sagen ihre Jungbürgerfeier schlicht ab.
Jungbürgerfeier abgesagt
Verschiedene Gemeinden in der Deutschschweiz haben ihre Feier vorläufig abgesagt. Die St. Galler Gemeinde Grabs beispielsweise, nachdem sich eine Beteiligung von unter zehn Prozent abgezeichnet hatte. Man gehe nun über die Bücher, heisst es auf Anfrage.
Seit 2016 keine Jungbürgerfeier mehr hat auch Rorschacherberg (SG). Als Kompromiss werden die Jungbürger persönlich an ihre erste Bürgerversammlung eingeladen, dort namentlich begrüsst und mit einem Präsent willkommen geheissen.
Das Engagement der jungen Menschen in Politik und Gesellschaft hat zwar eher zugenommen, aber es ist heute fokussierter.
Nachdem die Beteiligung immer mehr gesunken war und schlussendlich um magere 11 Prozent gedümpelt hatte, beschloss auch die Stadt Zofingen (AG), ihre Jungbürgerfeier auf Eis zu legen. «Es war ein Riesenaufwand mit wenig Resonanz», bilanziert Frau Stadtammann Christine Guyer. Vielleicht habe sich die Form des Anlasses überlebt, sei heute etwas antiquiert.
Warum eine Jungbürgerfeier auch Erfolg haben kann
Über eine mangelnde Teilnahme nicht zu beklagen hat sich zum Beispiel Grindelwald. An die Jungbürgerfeier in der kleinen Berggemeinde im Berner Oberland kommen regelmässig bis zu 80 Prozent aller Jungbürgerinnen und Jungbürger. Der Anlass ist jeweils in die letzte Gemeindeversammlung des Jahres integriert und verläuft mit Ansprache sowie Übergabe von Jungbürgerbrief, Kantons- und Bundesverfassung und Gutschein für ein Geschäft oder eine Attraktion im Dorf sehr traditionell ab.
Wir haben unter den Jungen im Dorf einen sehr guten Zusammenhalt. Sie kennen sich und gehen auch zusammen in den Ausgang.
Auch die kleine Gemeinde Gretzenbach (SO) ist mit gegen 50 Prozent Beteiligung erfolgreich unterwegs. Ihre Jungbürgerfeier ist in die 1. Augustfeier integriert und die Jungen halten eine Rede.
Basel-Stadt erreicht mit einem bunten Abend, inkl. Karaoke sowie einer zusätzlichen Late-Night-Einladung für Freunde der Jungbürgerinnen und Jungbürger immerhin rund 30 Prozent aller Eingeladenen.
Jungbürgerfeiern und Zeitgeist
Schon mehr als 40 Jahre denkt auch Zürich an der Form ihrer Jungbürgerfeier herum. Ihre Feier hatte sie zwar nie abgeschafft. Sie erfuhr aber im Laufe der Zeit und der Ereignisse in der Stadt zahlreiche Unterbrüche und Veränderungen. Die Feiern der Jahre 1980 bis 1982 beispielsweise wurden vor dem Hintergrund der damaligen Jugendunruhen kontinuierlich gestört.
Heute steht der Austausch mit den Behörden im Vordergrund, gefolgt von einem Partyteil mit DJ.
Die Jungbürgerfeier wird den Gemeinden auch in Zukunft als ständige Herausforderung bleiben, die Jugendlichen für ein Kommen animieren zu können.