Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Kanton Tessin Wolfsyhbriden: Was ist das – und wieso sind sie in der Schweiz?

Paart sich ein Wolf mit einem Haushund, entstehen Hybriden. Erstmals konnte die Existenz solcher Tiere auch im Kanton Tessin nachgewiesen werden: Mittels DNA-Proben hat man herausgefunden, dass es in einem Wolfsrudel sogenannte Wolfshybriden gibt.

Nun hat der Kanton entschieden, dass die Tiere geschossen werden müssen. Gabriele Cozzi vom Amt für Jagd und Fischerei erklärt die Gründe und mutmasst, woher das Tier kommen könnte.

Gabriele Cozzi

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Gabriele Cozzi (45) beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit grossen Raubtieren. Seit drei Jahren ist er als Wildtierbiologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Tessin zuständig für das Dossier Wolf.

SRF: Warum müssen im Tessin ein erwachsener Wolfshybrid und drei Junge geschossen werden?

Gabriele Cozzi: Laut Jagdverordnung müssen nicht-einheimische Individuen eliminiert werden. Hybriden zählen dazu. Deshalb möchten wir das Männchen und seine Nachkommen, die auch Hybriden sind, eliminieren.

Als Laie könnte man sagen: Der Hund stammt vom Wolf ab. Weshalb sind Wolfshybriden ein Problem?

Sie haben recht, der Hund stammt vom Wolf ab. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Hunde anders entwickelt als der Wolf. Es gibt gewisse Gene, die mittlerweile nur zum Hund gehören. Deshalb wird er als andere Tierart betrachtet.

Weiss man, wo dieser Tessiner Wolfshybrid herkommt?

Das wissen wir nicht. Wir wissen jedoch, dass er nicht aus dem Tessin kommt und sehr wahrscheinlich auch nicht aus einer anderen Region der Schweiz. Sehr wahrscheinlich kommt das Tier aus Italien, dort lebt eine gewisse Anzahl Wolfshybriden.

Sind Wolfshybride zutraulicher oder allenfalls sogar gefährlicher als normale Wölfe?

Es gibt viele Studien, die zeigen, dass das Verhalten von Wolfshybriden nicht viel anders ist als das Verhalten normaler Wölfe. Aber logisch: Hybriden haben das Erbgut von Hunden – und gewisse Hunde sind über Jahrzehnte von Menschen selektioniert worden, damit sie ruhiger und zutraulicher werden.

Theoretisch ist es also möglich, dass Hybriden etwas zutraulicher sind. Aber Studien zeigen, dass sich Hybriden im Verhalten nicht gross vom Wolf unterscheiden.

Sehe ich einem Hybrid an, dass es kein richtiger Wolf ist?

In gewissen Fällen sehen Wolfshybride aus wie Wölfe. Trotzdem kann man genetisch nachweisen, dass es ein Hybrid ist. Aber wir kennen auch das Gegenteil: Da sieht man genetisch wie auch optisch, dass das Individuum kein reiner Wolf ist. Es kommt darauf an, ob es eine erste Kreuzung ist. Das heisst: Ein Wolf paart sich mit einem Hund, und der Nachkomme ist ein Hybrid.

Wenn das die erste Generation ist, dann hat das Individuum viel Erbgut vom Hund. Aber wenn dieses Tier sich wiederum mit Wölfen paart, verliert man diesen genetischen Anteil des Hundes, und das Aussehen könnte wieder wolfsähnlicher werden.

Der Wolf ist hierzulande auf dem Vormarsch. Wird es auch immer mehr Wolfshybriden geben?

Wir gehen nicht davon aus, dass es in der Schweiz mehr Hybriden geben wird. Hierzulande haben wir extrem wenig streunende Hunde, deshalb werden in der Schweiz keine neuen Wolfshybriden kreiert. Die Population in Italien ist schon vorhanden – und man weiss, dass es sie gibt.

Die Schweizer Wolfspopulation ist langsam gesättigt. Je mehr Wölfe es gibt und je weniger Streuner herumlaufen, umso weniger Platz gibt es für Hybriden, die von ausserhalb der Schweiz kommen. Wahrscheinlich werden immer mal wieder einzelne Individuen durchkommen. Ich glaube aber nicht, dass wir in Zukunft viel grössere Probleme haben werden als jetzt.

Das Gespräch führte Sven Epiney.

Radio SRF 1, Morgengast, 05.09.2025, 7:15 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel