Interne Kritik
Der Name der Sendung sei ihm beim Joggen eingefallen, erinnert sich Musikredaktor Joachim Salau. Er leitete vor 25 Jahren die Projektgruppe, die das Konzept des Klassiktelefons entwickelte. Damals sollte das wöchentliche Wunschkonzert abgelöst werden, man wollte eine tägliche Sendung und die Wünsche per Telefon. Das stiess allerdings nicht nur auf offene Ohren.
Vor allem radiointern gab es kritische Stimmen, da war etwa von «Telefonitis» auf dem Sender die Rede, und es wurde «Volksverdummung» befürchtet, weil statt grossformatiger Sinfonien kürzere Titel gesendet wurden. Aber die Hörerinnen und Hörer zeigten sich anderer Meinung. Die musikalische Wundertüte, die da jeden Tag entstand, kam rasch sehr gut an.
Vergnügliche Detektivarbeit
Es hat sich im Klassiktelefon entgegen allen Befürchtungen ein Musik-Mix etabliert, der die bunte Palette des Publikumsgeschmacks widerspiegelt und immer wieder Überraschungen bringt, Entdeckungen möglich macht.
Klassik-Hits sind da natürlich dabei, etwa Mozarts Klarinettenkonzert oder der «Hallelujah»-Chor von Händel. Aber das Publikum reagiert auch auf neue Künstlerinnen und Künstler, auf Konzerterlebnisse oder auf etwas, was am Radio vorgestellt wurde. Und für die Musikredaktion ist die Sendung noch nach Jahren eine vergnügliche Herausforderung. Ist wieder einmal Detektivarbeit erforderlich? Welche wunderschöne Melodie ist gemeint, die jemand Mitte Juni mal am Morgen so gegen 7.10 Uhr gehört hat – oder war es 8.10 Uhr? Welches Stück spielt uns da jemand anderes via Anrufbeantworter auf dem Klavier vor? Und wie lässt sich aus den Wünschen ein rundes Programm von 45 Minuten gestalten?
«Liebes Klassiktelefon …»
Was ein kleines Rätsel bleibt, sind Ebbe und Flut des Wunschmeers. Liegt es nur am schönen Wetter, wenn mal weniger Wünsche eintreffen? Ist es allein der charmante Aufruf der Moderatorin gewesen, der zu ungeahnter Menge geführt hat? Da sind Enttäuschungen manchmal programmiert, wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können.
Doch wie auch immer – seit das Klassiktelefon am 3. November 1997 zum ersten Mal klingelte, scheint die Sendung sehr viele Menschen glücklich zu machen. Mit der zurückhaltenden Moderation ist eine Atmosphäre entstanden, bei der zum Teil feine persönliche Geschichten erzählt werden, die beim Zuhören in Kombination mit der Musik das Herz erreichen. Das hat gerade in der Coronapandemie nochmals an Bedeutung gewonnen. Und so bleibt das Klassiktelefon auch im Internetzeitalter eine Art Draht zu den Menschen.
Dass viele Wünsche auf dem Anrufbeantworter mit «Liebes Klassiktelefon …» beginnen, zeigt diese Verbundenheit und Nähe. Und so freut sich unser Team ganz besonders auf die Jubiläumssendung vor Publikum und die Möglichkeit zum Austausch mit Ihnen.
Bei diesem Streifzug können Sie in unsere tägliche Arbeit eintauchen. Wir starten mit einer Führung durch das SRF Radiostudio im Meret Oppenheim-Hochhaus. Anschliessend erfahren Sie vom Team der Musikprogrammierung, wie die Stücke ausgewählt werden, die auf Radio SRF 2 Kultur gespielt werden.
Nach der Mittagspause sind Sie an der Live-Sendung des Klassiktelefons mit dabei und zum Abschluss stossen wir auf das 25-jährige Jubiläum des Klassiktelefons an.