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Aktuell Graffiti-Sprayer: Zwischen Kunst und Knast

Die Szene hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Während einige Sprayer heute Graffiti an der Hochschule studieren, ersetzen andere die Dosen durch Feuerlöscher.

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Graffiti kosten SBB und Städte sehr viel Geld
aus Audio Aktuell SRF 3 vom 07.05.2013.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 7 Sekunden.

David Kümin ist Graffiti-Akademiker. An der Hochschule Luzern hat er unter anderem «Art in Public Spheres» studiert und ist damit diplomierter Experte für Kunst im öffentlichen Raum.

Der 31Jährige vertritt eine Generation von Sprayern, die ihr Schaffen stark reflektiert, international vernetzt ist und Graffiti als Kunst betreibt, die nicht mehr nur im Untergrund stattfindet.

Sprayen für Credit Suisse

Die bunten Bilder aus der Sprühdose sind mittlerweile so Mainstream, dass auch grosse Fimen sich mit ihnen schmücken wollen. Unter seinem Künstlernamen «Chromeo» hat David Kümin schon Wände für Credit Suisse, Chrysler Jeep oder Axpo gestaltet.

Dennoch bleibt Graffiti eine Kunst, die wild wuchert und provoziert. Im Stadtbild sind illegale Sprayereien omnipräsent, wobei sich die Vorgehensweise der Sprayer in letzter Zeit geändert hat. David Kümin stellt in der Szene einen Wandel fest:

Da beispielsweise die Zürcher Stadtpolizei ihre Präsenz in der Stadt in den letzten Jahren massiv aufgestockt hat, haben sich die Aktivisten darauf eingestellt und versuchen nun, in möglichst kurzer Zeit ihre Spuren zu hinterlassen.

Die Sprayer würden deshalb neue Techniken anwenden:

Sie benutzen Spritzgeräte aus dem Gartenbau, modifizierte Feuerlöscher oder bringen Graffiti mit Teleskopstangen oder Streichfarbe an.

David Kümin findet diese Entwicklung bedenklich. Für das Zürcher Stadtbild sei sie katastrophal.

Graffiti halten Justiz auf Trab

In der polizeilichen Kriminalstatistik tauchen Graffiti unter dem Punkt «Vandalismus» auf. Im Kanton Zürich wurden im vergangenen Jahr 2'516 Fälle von Sprayereien registriert, das entspricht 43,7 Prozent aller Fälle von Vandalismus.

Graffiti erfüllen den Tatbestand der Sachbeschädigung. Das Schweizer Strafgesetz sieht dafür Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor. Geschichten von Sprayern, die ins Gefängnis mussten, liest man bislang aber nur aus dem Ausland.

Berlin ist heisses Pflaster

Ein Hotspot der illegalen Szene ist Berlin, wo 2010 ein 34jähriger Sprayer zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Unter seinem Künstlernamen «Saphir» hatte er S-Bahnen und U-Bahnen besprüht.

Der Film «Unlike U» dokumentierte das Vorgehen der Berliner Sprayer eindrücklich. In Gruppen brechen diese in U-Bahn-Depots ein oder sprayen in überfallartigen Aktionen am helllichten Tag. Das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei gehört dabei zum Lebensgefühl.

Eines der berühmtesten Bilder von Banksy prangt an einer Wand in London.
Legende: Mädchen mit Ballon Eines der berühmtesten Bilder von Banksy prangt an einer Wand in London. PD

Banksy macht keine Graffiti

Spraykunst im öffentlichen Raum wird heute oft mit Banksy in Verbindung gebracht. Die Mauerbilder des Briten haben zum Teil schon ikonenhaften Status erlangt.

Allerdings gelten Banksys Werke nicht als Graffiti im engeren Sinne, sondern als so genannte Street Art. In der Schweiz sei diese Kunstrichtung noch wenig entwickelt, sagt David Kümin. «In unseren Strassen sehen wir leider meist nur naive Zeichnungen oder extrem plakative Motive, die weder Tiefgang besitzen noch einen Ortsbezug haben.»

Der Zürcher Sprayer Tors malt das Logo von SRF 3 als Graffito

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