Neben den Schuhen, den Skiern, der Strecke: Sind Sportlerinnen und Sportler auch nur kurz unkonzentriert, sind Gegentore, Punktverluste, Niederlagen vorprogrammiert. Erfolg erfordert höchste Konzentration und mentale Stärke, um nach einem Fehlstart zurück auf die Spur zu finden. So wie Skifahrer Daniel Yule, der nach dem ersten Lauf im Slalom von Chamonix als dreissigster den Sprung in den zweiten Durchgang geschafft und das Rennen danach sensationell gewonnen hat.
Vom letzten Platz an die Spitze: Das hat im Slalom-Weltcup noch niemand geschafft. Und doch ist Yule mit dem grandiosen Exploit nach dem Fehlstart nicht allein. Einige Beispiele aus dem Sport zeigen, dass «jetzt-erst-recht» die bessere Option ist als aufzugeben.
Fussball: Erst blamiert, dann reüssiert
Im Fussball gibt es immer wieder spektakuläre Aufholjagden. Der Champions-League-Final 2005 gehört dazu, als Liverpool gegen Milan mit einem 0:3 Rückstand in die Pause geht und den Henkelpott am Ende im Penaltyschiessen nach England holt. Ebenfalls spektakulär: Die Aufholjagd von Neuenburg Xamax.
Barrage-Spiele der Saison 2018/2019: Xamax spielt als Zweitletzter der Super League gegen den FC Aarau, den Zweiten der Challenge League, um den letzten verbleibenden Platz in der höchsten Schweizer Liga. Im Hinspiel blamieren sich die Neuenburger und gehen daheim mit 0:4 vom Feld.
Aarau bereitet sich auf die grosse Aufstiegsfeier vor – dann kommt das Rückspiel. Der FCA geht vor heimischen Fans ebenfalls 0:4 unter, muss erst in die Verlängerung, dann ins Penaltyschiessen. Die Aarauer Nerven versagen, Xamax bleibt in der Super League und schickt eine ganze Region ins Tal der Tränen.
Leichtathletik: Erst gestürzt, dann gesiegt
Olympische Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro: Die britische Läufer-Legende Mo Farah stürzt im Rennen über 10 000 Meter. Aber der Sturz ist ihm «schnurz». Farah steht auf und startet eine spektakuläre Aufholjagd, die ihm Olympiagold einbringt.
Auf die Frage, ob ihn der Zwischenfall nicht aus dem Rhythmus gebracht habe, antwortet der vierfache Olympiasieger: «Ein bisschen schon – aber das kann passieren, da muss man durch.» So geht mentale Stärke.
Unihockey: Erst verwundert, dann geschockt
Heim-WM der Frauen 2019: Zwei Minuten vor Schluss steht es im Halbfinal zwischen der Schweiz und Tschechien 2:6. Trotz dieser miserablen Ausgangslage gleichen die Schweizerinnen noch vor der Schlusssirene aus. Der Sieg in der Verlängerung macht das «Wunder von Neuenburg» komplett, die Unihockey-Nati steht im Final gegen Schweden.
Auch in diesem Spiel erzwingen die Schweizerinnen dank des 3:3 Ausgleichs in letzter Minute eine Verlängerung. Das Wunder wiederholt sich aber nicht – die Schwedinnen treffen erneut und holen sich den WM-Titel.
Tennis: Erst glücklos, dann problemlos
3. Runde an den French Open 2011 in Paris: Stan Wawrinka steht kurz vor dem Aus. Sein Gegner, Lokalmatador Jo-Wilfried Tsonga, gewinnt die ersten beiden Sätze und führt im dritten Satz mit 4:1. Im Tiebreak fehlen dem Franzosen noch zwei Punkte zum Sieg. Aber «Marathon-Stan» kommt zurück.
Der dritte Satz geht mit 7:6 an den Romand. Das Match ist gedreht, Wawrinka gewinnt die weiteren beiden Sätze vergleichsweise mühelos mit 6:2 und 6:3. Nach 4 Stunden und 3 Minuten ist der Achtelfinaleinzug perfekt. Dort heisst es im Schweizer Duell dann trotzdem: Endstation Roger Federer.